Kant: AA VIII, Über eine Entdeckung, nach ... , Seite 230

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 von einem Satze heißt: er habe zu seinem Prädicat ein Attribut des Subjects,      
  02 so weiß niemand, ob jener analytisch oder synthetisch sei; man muß      
  03 also hinzusetzen: er enthalte ein synthetisches Attribut, d. i. ein nothwendiges      
  04 (obzwar abgeleitetes), mithin a priori kennbares Prädicat in einem      
  05 synthetischen Urtheile. Also ist nach Herrn Eberhard die Erklärung synthetischer      
  06 Urtheile a priori: sie sind Urtheile, welche synthetische Attribute      
  07 von den Dingen aussagen. Herr Eberhard stürzt sich in diese Tautologie,      
  08 um wo möglich nicht allein etwas Besseres und Bestimmteres von der      
  09 Eigenthümlichkeit synthetischer Urtheile a priori zu sagen, sondern auch      
  10 mit der Definition derselben zugleich ihr allgemeines Princip anzuzeigen,      
  11 wornach ihre Möglichkeit beurtheilt werden kann, welches die Kritik nur      
  12 durch mancherlei beschwerliche Bemühungen zu leisten vermochte. Nach      
  13 ihm sind S. 315 "Analytische Urtheile solche, deren Prädicate das Wesen,      
  14 oder einige von den wesentlichen Stücken des Subjects aussagen; synthetische      
  15 Urtheile aber, S. 316, wenn sie nothwendige Wahrheiten sind,      
  16 haben Attribute zu ihren Prädicaten". Durch das Wort Attribut bezeichnete      
  17 er die synthetischen Urtheile als Urtheile a priori (wegen der Nothwendigkeit      
  18 ihrer Prädicate), aber zugleich als solche, die rationata des      
  19 Wesens, nicht das Wesen selbst oder einige Stücke desselben aussagen, und      
  20 giebt also Anzeige auf den Satz des zureichenden Grundes, vermittelst      
  21 dessen sie allein vom Subjecte prädicirt werden können, und verließ sich      
  22 darauf, man werde nicht bemerken, daß dieser Grund hier nur ein logischer      
  23 Grund sein dürfe, nämlich der nichts weiter bezeichnet, als daß das      
  24 Prädicat zwar nur mittelbar, aber immer doch dem Satze des Widerspruchs      
  25 zufolge aus dem Begriffe des Subjects hergeleitet werde, wodurch      
  26 er dann, unerachtet er ein Attribut aussagt, doch analytisch sein kann      
  27 und also das Kennzeichen eines synthetischen Satzes nicht bei sich führt.      
  28 Daß es ein synthetisches Attribut sein müsse, um den Satz, dem      
  29 es zum Prädicate dient, der letzteren Classe beizählen zu können, hütete      
  30 er sich sorgfältig herauszusagen, unerachtet es ihm wohl beigefallen      
  31 sein muß, daß diese Einschränkung nothwendig sei: weil sonst die      
  32 Tautologie gar zu klar in die Augen gefallen sein würde, und so      
  33 brachte er ein Ding heraus, was dem Unerfahrenen neu und von Gehalt      
  34 zu sein scheint, in der That aber bloßer leicht durchzusehender Dunst ist.      
           
  35 Man sieht nun auch, was sein Satz des zureichenden Grundes sagen      
  36 will, den er oben so vortrug, daß man (vornehmlich nach dem Beispiele,      
  37 das er dabei angeführt, zu urtheilen) glauben sollte, er hätte ihn vom      
           
     

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