Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 221 |
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| 01 | Von dem specifischen Unterschiede des vergleichenden und des |
[ entsprechender Abschnitt in den Reflexionen zur Antropologie (AA XV, 189)] | |||||
| 02 | vernünftelnden Witzes. |
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| 03 | A. |
[ entsprechender Abschnitt in den Reflexionen zur Antropologie (AA XV, 232)] | |||||
| 04 | Von dem productiven Witze. |
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| 05 | § 55. Es ist angenehm, beliebt und aufmunternd, Ähnlichkeiten unter | ||||||
| 06 | ungleichartigen Dingen aufzufinden und so, was der Witz thut, für | ||||||
| 07 | den Verstand Stoff zu geben, um seine Begriffe allgemein zu machen. | ||||||
| 08 | Urtheilskraft dagegen, welche die Begriffe einschränkt und mehr zur Berichtigung | ||||||
| 09 | als zur Erweiterung derselben beiträgt, wird zwar in allen | ||||||
| 10 | Ehren genannt und empfohlen, ist aber ernsthaft, Strenge und in Ansehung | ||||||
| 11 | der Freiheit zu denken einschränkend, eben darum aber unbeliebt. Des | ||||||
| 12 | vergleichenden Witzes Thun und Lassen ist mehr Spiel; das der Urtheilskraft | ||||||
| 13 | aber mehr Geschäfte. - Jener ist eher eine Blüthe der Jugend, diese | ||||||
| 14 | mehr eine reife Frucht des Alters. - Der im höheren Grade in einem | ||||||
| 15 | Geistesproduct beide verbindet, ist sinnreich ( perspicax ). | ||||||
| 16 | Witz hascht nach Einfällen; Urtheilskraft strebt nach Einsichten. | ||||||
| 17 | Bedachtsamkeit ist eine Burgemeistertugend (die Stadt unter dem | ||||||
| 18 | Oberbefehl der Burg nach gegebenen Gesetzen zu schützen und zu verwalten). | ||||||
| 19 | Dagegen kühn ( hardi ), mit Beiseitesetzung der Bedenklichkeiten der | ||||||
| 20 | Urtheilskraft, absprechen, wurde dem großen Verfasser des Natursystems, | ||||||
| 21 | Buffon, von seinen Landsleuten zum Verdienst angerechnet, ob es zwar | ||||||
| 22 | als Wagstück ziemlich nach Unbescheidenheit (Frivolität) aussieht. - Der | ||||||
| 23 | Witz geht mehr nach der Brühe, die Urtheilskraft nach der Nahrung. | ||||||
| 24 | Die Jagd auf Witzwörter ( bon mots ), wie sie der Abt Trublet reichlich | ||||||
| 25 | aufstellte und den Witz dabei auf die Folter spannte, macht seichte | ||||||
| 26 | Köpfe, oder ekelt den gründlichen nachgerade an. Er ist erfinderisch in | ||||||
| 27 | Moden, d. i. den angenommenen Verhaltungsregeln, die nur durch die | ||||||
| 28 | Neuheit gefallen und, ehe sie Gebrauch werden, gegen andere Formen, | ||||||
| 29 | die eben so vorübergehend sind, ausgetauscht werden müssen. | ||||||
| 30 | Der Witz mit Wortspielen ist schal; leere Grübelei (Mikrologie) der | ||||||
| 31 | Urtheilskraft aber pedantisch. Launichter Witz heißt ein solcher, der | ||||||
| 32 | aus der Stimmung des Kopfs zum Paradoxen hervorgeht, wo hinter | ||||||
| 33 | dem treuherzigen Ton der Einfalt doch der (durchtriebne) Schalk hervorblickt, | ||||||
| 34 | jemanden (oder auch seine Meinung) zum Gelächter aufzustellen; | ||||||
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