| Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 385 | |||||||
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| 01 | Eine jede Handlung hat also ihren Zweck, und da niemand einen Zweck | ||||||
| 02 | haben kann, ohne sich den Gegenstand seiner Willkür selbst zum Zweck zu | ||||||
| 03 | machen, so ist es ein Act der Freiheit des handelnden Subjects, nicht | ||||||
| 04 | eine Wirkung der Natur irgend einen Zweck der Handlungen zu haben. | ||||||
| 05 | Weil aber dieser Act, der einen Zweck bestimmt, ein praktisches Princip | ||||||
| 06 | ist, welches nicht die Mittel (mithin nicht bedingt), sondern den Zweck selbst | ||||||
| 07 | (folglich unbedingt) gebietet, so ist es ein kategorischer Imperativ der reinen | ||||||
| 08 | praktischen Vernunft, mithin ein solcher, der einen Pflichtbegriff | ||||||
| 09 | mit dem eines Zwecks überhaupt verbindet. | ||||||
| 10 | Es muß nun einen solchen Zweck und einen ihm correspondirenden | ||||||
| 11 | kategorischen Imperativ geben. Denn da es freie Handlungen giebt, so | ||||||
| 12 | muß es auch Zwecke geben, auf welche als Object jene gerichtet sind. Unter | ||||||
| 13 | diesen Zwecken aber muß es auch einige geben, die zugleich (d. i. ihrem | ||||||
| 14 | Begriffe nach) Pflichten sind. - Denn gäbe es keine dergleichen, so würden, | ||||||
| 15 | weil doch keine Handlung zwecklos sein kann, alle Zwecke für die praktische | ||||||
| 16 | Vernunft immer nur als Mittel zu andern Zwecken gelten, und ein | ||||||
| 17 | kategorischer Imperativ wäre unmöglich; welches alle Sittenlehre | ||||||
| 18 | aufhebt. | ||||||
| 19 | Hier ist also nicht von Zwecken, die der Mensch sich nach sinnlichen | ||||||
| 20 | Antrieben seiner Natur macht, sondern von Gegenständen der freien Willkür | ||||||
| 21 | unter ihren Gesetzen die Rede, welche er sich zum Zweck machen soll. | ||||||
| 22 | Man kann jene die technische (subjective), eigentlich pragmatische, die | ||||||
| 23 | Regel der Klugheit in der Wahl seiner Zwecke enthaltende: diese aber mu | ||||||
| 24 | man die moralische (objective) Zwecklehre nennen; welche Unterscheidung | ||||||
| 25 | hier doch überflüssig ist, weil die Sittenlehre sich schon durch ihren Begriff | ||||||
| 26 | von der Naturlehre (hier der Anthropologie) deutlich absondert, als welche | ||||||
| 27 | letztere auf empirischen Principien beruht, dagegen die moralische Zwecklehre, | ||||||
| 28 | die von Pflichten handelt, auf a priori in der reinen praktischen Vernunft | ||||||
| 29 | gegebenen Principien beruht. | ||||||
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| 32 | Sie sind: Eigene Vollkommenheit - fremde Glückseligkeit. | ||||||
| 33 | Man kann diese nicht gegen einander umtauschen und eigene Glückseligkeit | ||||||
| 34 | einerseits mit fremder Vollkommenheit andererseits zu | ||||||
| 35 | Zwecken machen, die an sich selbst Pflichten derselben Person wären. | ||||||
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