Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 277 |
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| 02 | Die Erwerbung nach diesem Gesetz ist dem Gegenstande nach dreierlei: | ||||||
| 03 | Der Mann erwirbt ein Weib, das Paar erwirbt Kinder und die | ||||||
| 04 | Familie Gesinde. - Alles dieses Erwerbliche ist zugleich unveräußerlich | ||||||
| 05 | und das Recht des Besitzers dieser Gegenstände das allerpersönlichste. | ||||||
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| 11 | Geschlechtsgemeinschaft ( commercium sexuale ) ist der wechselseitige | ||||||
| 12 | Gebrauch, den ein Mensch von eines anderen Geschlechtsorganen | ||||||
| 13 | und Vermögen macht ( usus membrorum et facultatum sexualium alterius ), | ||||||
| 14 | und entweder ein natürlicher (wodurch seines Gleichen erzeugt | ||||||
| 15 | werden kann), oder unnatürlicher Gebrauch und dieser entweder an | ||||||
| 16 | einer Person ebendesselben Geschlechts, oder einem Thiere von einer anderen | ||||||
| 17 | als der Menschen=gattung; Welche Übertretungen der Gesetze, unnatürliche | ||||||
| 18 | Laster ( crimina carnis contra naturam ), die auch unnennbar | ||||||
| 19 | heißen, als Läsion der Menschheit in unserer eigenen Person durch gar | ||||||
| 20 | keine Einschränkungen und Ausnahmen wider die gänzliche Verwerfung | ||||||
| 21 | gerettet werden können. | ||||||
| 22 | Die natürliche Geschlechtsgemeinschaft ist nun entweder die nach der | ||||||
| 23 | bloßen thierischen Natur ( vaga libido, venus volgivaga, fornicatio ), oder | ||||||
| 24 | nach dem Gesetz. - Die letztere ist die Ehe ( matrimonium ), d. i. die | ||||||
| 25 | verbindung zweier Personen verschiedenen Geschlechts zum lebenswierigen | ||||||
| 26 | wechselseitigen Besitz ihrer Geschlechtseigenschaften. - Der Zweck, Kinder | ||||||
| 27 | zu erzeugen und zu erziehen, mag immer ein Zweck der Natur sein, zu | ||||||
| 28 | welchem sie die Neigung der Geschlechter gegeneinander einpflanzte; aber | ||||||
| 29 | daß der Mensch, der sich verehlicht, diesen Zweck sich vorsetzen müsse, | ||||||
| 30 | wird zur Rechtmäßigkeit dieser seiner Verbindung nicht erfordert; denn | ||||||
| 31 | sonst würde, wenn das Kinderzeugen aufhört, die Ehe sich zugleich von | ||||||
| 32 | selbst auflösen. | ||||||
| 33 | Es ist nämlich, auch unter Voraussetzung der Lust zum wechselseitigen | ||||||
| 34 | Gebrauch ihrer Geschlechtseigenschaften, der Ehevertrag kein beliebiger, | ||||||
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