Kant: AA IV, Metaphysische Anfangsgründe ... , Seite 504 |
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Text (Kant):
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Abbildung (Kant)
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| 01 | Theil eines durch Materie erfüllten Raums für sich selbst beweglich, folglich | ||||||
| 02 | trennbar von den übrigen als materielle Substanz durch physische | ||||||
| 03 | Theilung. So weit sich also die mathematische Theilbarkeit des Raumes, | ||||||
| 04 | den eine Materie erfüllt, erstreckt, so weit erstreckt sich auch die mögliche | ||||||
| 05 | physische Theilung der Substanz, die ihn erfüllt. Die mathematische Theilbarkeit | ||||||
| 06 | aber geht ins Unendliche, folglich auch die physische, d. i. alle Materie | ||||||
| 07 | ist ins Unendliche theilbar und zwar in Theile, deren jeder selbst | ||||||
| 08 | wiederum materielle Substanz ist. | ||||||
| 09 | Anmerkung 1. |
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| 10 | Durch den Beweis der unendlichen Theilbarkeit des Raums ist die der Materie | ||||||
| 11 | lange noch nicht bewiesen, wenn nicht vorher dargethan worden: daß in jedem | ||||||
| 12 | Theile des Raumes materielle Substanz sei, d. i. für sich bewegliche Theile anzutreffen | ||||||
| 13 | sind. Denn wollte ein Monadist annehmen, die Materie bestände aus | ||||||
| 14 | physischen Punkten, deren ein jeder zwar (eben darum) keine bewegliche Theile | ||||||
| 15 | habe, aber dennoch durch bloße repulsive Kraft einen Raum erfüllte: so würde er | ||||||
| 16 | gestehen können, daß zwar dieser Raum, aber nicht die Substanz, die in ihm wirkt, | ||||||
| 17 | mithin zwar die Sphäre der Wirksamkeit der letzteren, aber nicht das wirkende bewegliche | ||||||
| 18 | Subject selbst durch die Theilung des Raums zugleich getheilt werde. | ||||||
| 19 | Also würde er die Materie aus physisch untheilbaren Theilen zusammensetzen und | ||||||
| 20 | sie doch auf dynamische Art einen Raum einnehmen lassen. | ||||||
| 21 | Durch den obigen Beweis aber ist dem Monadisten diese Ausflucht gänzlich | ||||||
| 22 | benommen. Denn daraus ist klar: daß in einem erfüllten Raume kein Punkt sein | ||||||
| 23 | könne, der nicht selbst nach allen Seiten Zurückstoßung ausübte, so wie er zurückgestoßen | ||||||
| 24 | wird, mithin als ein außer jedem anderen zurückstoßenden Punkte befindliches | ||||||
| 25 | gegenwirkendes Subject an sich selbst beweglich wäre, und daß die Hypothese | ||||||
| 26 | eines Punkts, der durch bloße treibende Kraft und nicht vermittelst anderer, | ||||||
| 27 | gleichfalls zurückstoßenden Kräfte einen Raum erfüllte, gänzlich unmöglich sei. Um | ||||||
| 28 | dieses und dadurch auch den Beweis des vorhergehenden Lehrsatzes anschaulich zu | ||||||
| 29 | machen, nehme man an, A sei der Ort einer Monas im Raume, ab sei der Durchmesser | ||||||
| 30 | der Sphäre ihrer repulsiven Kraft, | ![]() |
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| 31 | mithin aA der Halbmesser derselben, so ist | ||||||
| 32 | zwischen a , wo dem Eindringen einer äußeren | ||||||
| 33 | Monade in den Raum, den jene Sphäre | ||||||
| 34 | einnimmt, widerstanden wird, und dem Mittelpunkte derselben A ein Punkt c anzugeben | ||||||
| 35 | möglich (laut der unendlichen Theilbarkeit des Raumes). Wenn nun A | ||||||
| 36 | demjenigen, was in a einzudringen trachtet, widersteht, so muß auch c den beiden | ||||||
| 37 | Punkten A und a widerstehen, denn wäre dieses nicht, so würden sie sich einander | ||||||
| 38 | ungehindert nähern, folglich A und a im Punkte c zusammentreffen, d. i. der | ||||||
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