Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 433

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Steine und sogar der Metalle) hat man nach und nach auf drei, endlich      
  02 auf zwei zu bringen gesucht; allein damit noch nicht zufrieden, können sie      
  03 sich des Gedankens nicht entschlagen, hinter diesen Varietäten dennoch      
  04 eine einzige Gattung, ja wohl gar zu diesen und den Salzen ein gemeinschaftliches      
  05 Princip zu vermuthen. Man möchte vielleicht glauben, dieses      
  06 sei ein bloß ökonomischer Handgriff der Vernunft, um sich so viel als möglich      
  07 Mühe zu ersparen, und ein hypothetischer Versuch, der, wenn er gelingt,      
  08 dem vorausgesetzten Erklärungsgrunde eben durch diese Einheit Wahrscheinlichkeit      
  09 giebt. Allein eine solche selbstsüchtige Absicht ist sehr leicht      
  10 von der Idee zu unterscheiden, nach welcher jedermann voraussetzt, diese      
  11 Vernunfteinheit sei der Natur selbst angemessen, und daß die Vernunft      
  12 hier nicht bettele, sondern gebiete, obgleich ohne die Grenzen dieser Einheit      
  13 bestimmen zu können.      
           
  14 Wäre unter den Erscheinungen, die sich uns darbieten, eine so große      
  15 Verschiedenheit, ich will nicht sagen der Form (denn darin mögen sie einander      
  16 ähnlich sein), sondern dem Inhalte, d. i. der Mannigfaltigkeit existirender      
  17 Wesen nach, daß auch der allerschärfste menschliche Verstand durch      
  18 Vergleichung der einen mit der anderen nicht die mindeste Ähnlichkeit      
  19 ausfindig machen könnte (ein Fall, der sich wohl denken läßt), so würde      
  20 das logische Gesetz der Gattungen ganz und gar nicht stattfinden; und es      
  21 würde selbst kein Begriff von Gattung oder irgend ein allgemeiner Begriff,      
  22 ja sogar kein Verstand stattfinden, als der es lediglich mit solchen      
  23 zu thun hat. Das logische Princip der Gattungen setzt also ein transscendentales      
  24 voraus, wenn es auf Natur (darunter ich hier nur Gegenstände,      
  25 die uns gegeben werden, verstehe) angewandt werden soll. Nach      
  26 demselben wird in dem Mannigfaltigen einer möglichen Erfahrung nothwendig      
  27 Gleichartigkeit vorausgesetzt (ob wir gleich ihren Grad a priori      
  28 nicht bestimmen können), weil ohne dieselbe keine empirische Begriffe, mithin      
  29 keine Erfahrung möglich wäre.      
           
  30 Dem logischen Princip der Gattungen, welches Identität postulirt,      
  31 steht ein anderes, nämlich das der Arten, entgegen, welches Mannigfaltigkeit      
  32 und Verschiedenheiten der Dinge unerachtet ihrer Übereinstimmung      
  33 unter derselben Gattung bedarf und es dem Verstande zur Vorschrift      
  34 macht, auf diese nicht weniger als auf jene aufmerksam zu sein.      
  35 Dieser Grundsatz (der Scharfsinnigkeit oder des Unterscheidungsvermögens)      
  36 schränkt den Leichtsinn des ersteren (des Witzes) sehr ein, und die      
  37 Vernunft zeigt hier ein doppeltes, einander widerstreitendes Interesse,      
           
     

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