Kant: AA II, Untersuchung über die ... , Seite 287 |
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Text (Kant):
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| 01 | ist. Nun kann ich vermittelst untrüglicher Beweise der Geometrie darthun, | ||||||
| 02 | daß der Raum nicht aus einfachen Theilen bestehe, wovon die Argumente | ||||||
| 03 | genugsam bekannt sind. Demnach ist eine bestimmte Menge der Theile | ||||||
| 04 | eines jeden Körpers, die alle einfach sind, und eine gleiche Menge Theile | ||||||
| 05 | des Raums, den er einnimmt, die alle zusammengesetzt sind. Hieraus | ||||||
| 06 | folgt, daß ein jeder einfache Theil (Element) im Körper einen Raum einnehme. | ||||||
| 07 | Frage ich nun: was heißt einen Raum einnehmen?, so werde ich, | ||||||
| 08 | ohne mich um das Wesen des Raums zu bekümmern, inne, daß, wenn | ||||||
| 09 | ein Raum von jedem Dinge durchdrungen werden kann, ohne daß etwas | ||||||
| 10 | da ist, das da widersteht, man allenfalls, wenn es beliebte, sagen möchte, | ||||||
| 11 | es wäre etwas in diesem Raume, niemals aber, dieser Raum werde wovon | ||||||
| 12 | eingenommen. Woraus ich erkenne: daß ein Raum wovon eingenommen | ||||||
| 13 | ist, wenn etwas da ist, was einem bewegten Körper widersteht bei der | ||||||
| 14 | Bestrebung in denselben einzudringen. Dieser Widerstand aber ist die | ||||||
| 15 | Undurchdringlichkeit. Demnach nehmen die Körper den Raum ein durch | ||||||
| 16 | Undurchdringlichkeit. Es ist aber die Impenetrabilität eine Kraft. Denn | ||||||
| 17 | sie äußert einen Widerstand, d. i. eine einer äußern Kraft entgegengesetzte | ||||||
| 18 | Handlung. Und die Kraft, die einem Körper zukommt, muß seinen einfachen | ||||||
| 19 | Theilen zukommen. Demnach erfüllen die Elemente eines jeden | ||||||
| 20 | Körpers ihren Raum durch die Kraft der Undurchdringlichkeit. Ich frage | ||||||
| 21 | aber ferner, ob denn die ersten Elemente darum nicht ausgedehnt sind, | ||||||
| 22 | weil ein jegliches im Körper einen Raum erfüllt? Hier kann ich einmal | ||||||
| 23 | eine Erklärung anbringen, die unmittelbar gewiß ist, nämlich: dasjenige | ||||||
| 24 | ist ausgedehnt, was für sich ( absolute ) gesetzt einen Raum erfüllt, so | ||||||
| 25 | wie ein jeder einzelne Körper, wenn ich gleich mir vorstelle, daß sonst | ||||||
| 26 | außer ihm nichts wäre, einen Raum erfüllen würde. Allein betrachte ich | ||||||
| 27 | ein schlechterdings einfaches Element, so ist, wenn es allein (ohne Verknüpfung | ||||||
| 28 | mit andern) gesetzt wird, unmöglich, daß in ihm vieles sich | ||||||
| 29 | außerhalb einander befände, und es absolute einen Raum einnehme. Daher | ||||||
| 30 | kann es nicht ausgedehnt sein. Da aber eine gegen viel äußerliche | ||||||
| 31 | Dinge angewandte Kraft der Undurchdringlichkeit die Ursache ist, daß das | ||||||
| 32 | Element einen Raum einnimmt, so sehe ich, daß daraus wohl eine Vielheit | ||||||
| 33 | in seiner äußern Handlung, aber keine Vielheit in Ansehung innerer | ||||||
| 34 | Theile fließe, mithin es darum nicht ausgedehnt sei, weil es in dem Körper | ||||||
| 35 | ( in nexu cum aliis ) einen Raum einnimmt. | ||||||
| 36 | Ich will noch einige Worte darauf verwenden, um es augenscheinlich | ||||||
| 37 | zu machen, wie seicht die Beweise der Metaphysiker seien, wenn sie aus | ||||||
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