Kant: AA I, Gedanken von der wahren ... , Seite 125 |
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| 01 | Er glaubt, eben dieselbe Kraft könne in Relation gegen verschiedene | ||||||
| 02 | Dinge sehr ungleich sein. Die Feder R habe der Kugel E zwar | ||||||
| 03 | in Ansehung der Dinge, die sich mit dem Kahne zugleich in einer | ||||||
| 04 | Richtung und Geschwindigkeit bewegen, eine Kraft wie 1 ertheilt, allein | ||||||
| 05 | in Ansehung der Gegenstände, die da außerhalb dem Kahne wirklich | ||||||
| 06 | ruhen, habe die Feder der Kugel nicht eine einfache, sondern dreifache | ||||||
| 07 | Kraft gegeben. | ||||||
| 08 | Ich möchte gerne wissen, wo doch die zwei Grade Kraft, die nach | ||||||
| 09 | Herrn Richters Meinung der Körper E in Relation gegen die ruhende | ||||||
| 10 | Gegenstände erhält, herkommen sollten; denn sie können doch nicht | ||||||
| 11 | wegen einer leeren Abstraction oder eines müßigen Gedankens in ihm | ||||||
| 12 | entstanden sein; sondern es müssen durchaus thätige Ursachen und | ||||||
| 13 | Kräfte sein, wodurch sie hätten hervorgebracht werden sollen. Wenn | ||||||
| 14 | aber alles gegen die äußere Dinge in absoluter Ruhe ist, und der | ||||||
| 15 | Kahn fängt an sich mit einem Grade Geschwindigkeit zu bewegen, so | ||||||
| 16 | entsteht in dem Körper E hiedurch ein Grad absoluter Kraft. Von | ||||||
| 17 | da an thut der Kahn schon keine Wirkung mehr in den Körper; denn | ||||||
| 18 | er ruht in Ansehung seiner, allein die Spannungskraft der Feder | ||||||
| 19 | fängt an ihre Thätigkeit auszulassen. Diese hat nun gerade nur so | ||||||
| 20 | viel, als zur Hervorbringung eines Grades Kraft erfordert wird; mehr | ||||||
| 21 | wird man in ihr vergeblich suchen. Es ist also in den Körper nicht | ||||||
| 22 | mehr absolute Wirkung verübt worden, als nur so viel man zu | ||||||
| 23 | 2 Graden Kraft rechnet. Wenn nun in Relation gegen die ruhenden | ||||||
| 24 | Dinge, d. i. in absolutem Verstande, in dem Körper 4 Grade Kraft | ||||||
| 25 | entstanden sein sollten, und es wäre dennoch nicht mehr wie 2 Grade | ||||||
| 26 | absolute Wirkung in demselben ausgeübt worden, so müßten 2 Grade | ||||||
| 27 | von ungefähr und ohne Ursache entstanden, oder aus dem Nichts hervorgekrochen | ||||||
| 28 | sein. | ||||||
| 29 | Man kann zu gänzlicher Vermeidung alles Scrupels, wenn anders | ||||||
| 30 | in einer so klaren Sache einiger Scrupel statt hat, den Fall des Herrn | ||||||
| 31 | Jurins so einrichten, daß, wenn alles in absoluter Ruhe ist, der | ||||||
| 32 | Körper E zuerst von der Feder einen Grad Geschwindigkeit überkomme, | ||||||
| 33 | indessen daß der Kahn noch ruht, so wird unstrittig diese erlangte | ||||||
| 34 | Kraft des Körpers E eine absolute Kraft sein. Wenn nun der Kahn | ||||||
| 35 | sich alsdann auch anfängt mit einem Grade zu bewegen: so ist dieses | ||||||
| 36 | wiederum eine absolute Bewegung, weil er vorher gegen alle Dinge | ||||||
| 37 | ruhte. Er theilt also allem demjenigen, was zu seiner Masse gehört, | ||||||
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