Kant: AA VIII, Muthmaßlicher Anfang der ... , Seite 114

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Familie ihre Beschwerden erleichtern könnten, war vielleicht die einzige      
  02 tröstende Aussicht, die sie aufrichtete (V. 16 - 20).      
           
  03 Der vierte und letzte Schritt, den die den Menschen über die Gesellschaft      
  04 mit Thieren gänzlich erhebende Vernunft that, war: daß er (wiewohl      
  05 nur dunkel) begriff, er sei eigentlich der Zweck der Natur, und      
  06 nichts, was auf Erden lebt, könne hierin einen Mitwerber gegen ihn abgeben.      
  07 Das erstemal, daß er zum Schafe sagte: den Pelz, den du      
  08 trägst, hat dir die Natur nicht für dich, sondern für mich gegeben,      
  09 ihm ihn abzog und sich selbst anlegte (V. 21): ward er eines Vorrechtes      
  10 inne, welches er vermöge seiner Natur über alle Thiere hatte, die      
  11 er nun nicht mehr als seine Mitgenossen an der Schöpfung, sondern als      
  12 seinem Willen überlassene Mittel und Werkzeuge zu Erreichung seiner beliebigen      
  13 Absichten ansah. Diese Vorstellung schließt (wiewohl dunkel) den      
  14 Gedanken des Gegensatzes ein: daß er so etwas zu keinem Menschen      
  15 sagen dürfe, sondern diesen als gleichen Theilnehmer an den Geschenken      
  16 der Natur anzusehen habe; eine Vorbereitung von weitem zu den Einschränkungen,      
  17 die die Vernunft künftig dem Willen in Ansehung seines      
  18 Mitmenschen auferlegen sollte, und welche weit mehr als Zuneigung und      
  19 Liebe zu Errichtung der Gesellschaft nothwendig ist.      
           
  20 Und so war der Mensch in eine Gleichheit mit allen vernünftigen      
  21 Wesen, von welchem Range sie auch sein mögen, getreten (III, 22):      
  22 nämlich in Ansehung des Anspruchs selbst Zweck zu sein, von jedem      
  23 anderen auch als ein solcher geschätzt und von keinem bloß als Mittel zu      
  24 anderen Zwecken gebraucht zu werden. Hierin und nicht in der Vernunft, wie      
  25 sie bloß als ein Werkzeug zu Befriedigung der mancherlei Neigungen betrachtet      
  26 wird, steckt der Grund der so unbeschränkten Gleichheit des Menschen      
  27 selbst mit höheren Wesen, die ihm an Naturgaben sonst über alle      
  28 Vergleichung vorgehen möchten, deren keines aber darum ein Recht hat,      
  29 über ihn nach bloßem Belieben zu schalten und zu walten. Dieser Schritt      
  30 ist daher zugleich mit Entlassung desselben aus dem Mutterschooße der      
  31 Natur verbunden: eine Veränderung, die zwar ehrend, aber zugleich sehr      
  32 gefahrvoll ist, indem sie ihn aus dem harmlosen und sicheren Zustande der      
  33 Kindespflege, gleichsam aus einem Garten, der ihn ohne seine Mühe      
  34 versorgte, heraustrieb (V. 23) und ihn in die weite Welt stieß, wo so viel      
  35 Sorgen, Mühe und unbekannte Übel auf ihn warten. Künftig wird ihm      
  36 die Mühseligkeit des Lebens öfter den Wunsch nach einem Paradiese, dem      
  37 Geschöpfe seiner Einbildungskraft, wo er in ruhiger Unthätigkeit und beständigem      
           
     

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