Kant: AA VI, Die Religion innerhalb der ... , Seite 139

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Weil der Mensch die mit der reinen moralischen Gesinnung unzertrennlich      
  02 verbundene Idee des höchsten Guts (nicht allein von Seiten der      
  03 dazu gehörigen Glückseligkeit, sondern auch der nothwendigen Vereinigung      
  04 der Menschen zu dem ganzen Zweck) nicht selbst realisiren kann, gleichwohl      
  05 aber darauf hinzuwirken in sich Pflicht antrifft, so findet er sich zum      
  06 Glauben an die Mitwirkung oder Veranstaltung eines moralischen Weltherrschers      
  07 hingezogen, wodurch dieser Zweck allein möglich ist, und nun      
  08 eröffnet sich vor ihm der Abgrund eines Geheimnisses von dem, was      
  09 Gott hiebei thue, ob ihm überhaupt etwas und was ihm (Gott) besonders      
  10 zuzuschreiben sei, indessen daß der Mensch an jeder Pflicht nichts      
  11 anders erkennt, als was er selbst zu thun habe, um jener ihm unbekannten,      
  12 wenigstens unbegreiflichen Ergänzung würdig zu sein.      
           
  13 Diese Idee eines moralischen Weltherrschers ist eine Aufgabe für      
  14 unsere praktische Vernunft. Es liegt uns nicht sowohl daran, zu wissen,      
  15 was Gott an sich selbst (seine Natur) sei, sondern was er für uns als moralische      
  16 Wesen sei; wiewohl wir zum Behuf dieser Beziehung die göttliche      
  17 Naturbeschaffenheit so denken und annehmen müssen, als es zu diesem      
  18 Verhältnisse in der ganzen zur Ausführung seines Willens erforderlichen      
  19 Vollkommenheit nöthig ist (z. B. als eines unveränderlichen, allwissenden,      
  20 allmächtigen etc. Wesens), und ohne diese Beziehung nichts an ihm erkennen      
  21 können.      
           
  22 Diesem Bedürfnisse der praktischen Vernunft gemäß ist nun der allgemeine      
  23 wahre Religionsglaube der Glaube an Gott 1) als den allmächtigen      
  24 Schöpfer Himmels und der Erden, d. i. moralisch als heiligen Gesetzgeber,      
  25 2) an ihn, den Erhalter des menschlichen Geschlechts, als gütigen      
  26 Regierer und moralischen Versorger desselben, 3) an ihn, den Verwalter      
  27 seiner eignen heiligen Gesetze, d. i. als gerechten Richter.      
           
           
     

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