Kant: Briefwechsel, Brief 452, Von Iohann Benjamin Iachmann. |
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Von Iohann Benjamin Iachmann. | |||||||
14. Oct. 1790. | |||||||
Wohlgebohrner Herr Professor, | |||||||
Mir ewig theurer Lehrer und Freund. | |||||||
Das warme Interesse, das Ew: Wohlgebohren an meinem Schicksale | |||||||
nehmen, davon mich mein Bruder in seinen Briefen vielfältig benachrichtiget, | |||||||
und dessen ich auch schon ohne dies völlig überzeugt wäre; | |||||||
das gütige Vertrauen und die geneigte Gewogenheit, womit Sie mich | |||||||
seit einigen Iahren beehret haben, sind für mich zu schmeichelhaft und | |||||||
rührend, als daß ich nicht darinn einen Entschuldigungs= ja selbst | |||||||
einen Aufmunterungsgrund für mich finden sollte, Sie gelegentlich mit | |||||||
meinen Briefen beschweren, und Ihnen von Zeit zu Zeit Nachrichten | |||||||
von meiner Lage und Befinden geben zu dürfen. - Das Unstäte in | |||||||
meiner Lebensart, die öftere Veränderung des Orts meines Aufenthalts, | |||||||
und die häufige Zerstreuungen, denen man dadurch nothwendig ausgesetzt | |||||||
ist; sind Ursache gewesen, daß ich nicht eher als jetzt, mir wieder | |||||||
diese Erlaubnis genommen habe. Ohne allen Zweifel sind Sie davon | |||||||
unterrichtet, daß ich meinem vorherigen Entschlus durch Holland oder | |||||||
über Hamburg nach Göttingen zu gehen zuwider jetzt meinen Weg | |||||||
über Paris genommen habe, und ich hoffe, daß Sie dieses nicht misbilligen | |||||||
werden. Die Ursachen die mich zu dieser Abänderung in | |||||||
meinem Plane bestimmten, waren, weil ich nach genauer Berechnung | |||||||
fand, daß der Unterschied in den Unkosten, ich möchte wählen welchen | |||||||
Weg ich wollte, keinesweges beträchtlich war, und weil ich auf jeden | |||||||
Fall zu spät nach Göttingen kam, um die hiesige Lehrer und Bibliothek | |||||||
gehörig benutzen zu können. Der Hauptgrund meiner Reise aber nach | |||||||
Paris war, um an diesem Ort in der Hauptepoche seiner Geschichte | |||||||
zu seyn, da ich ihm einmahl so nahe war. Auf diese Weise bin ich | |||||||
also Zeuge des großen Bundesfestes der Franzosen gewesen; wie ich | |||||||
mich denn auch bemühet habe, Augen und Ohrenzeuge zu seyn von | |||||||
jeder merkwürdigen Begebenheit, die sich während meinem Aufenthalt | |||||||
in Paris ereignet hat. - Im Anfange glaubte ich mich im Lande | |||||||
der Glüklichen zu befinden; denn jeder auch der geringste Einwohner | |||||||
schien durch sein Betragen und durch seine Worte zu bezeigen wie sehr | |||||||
er es fühle, daß er in einem Lande lebe, wo man das Ioch und den | |||||||
Druck der Großen völlig abgeschüttelt habe, und wo Freyheit und die | |||||||
Rechte der Menschheit im Allgemeinen aufs höchste geehrt und in ihrer | |||||||
Würde erhalten wurden. Ich stand daher auch gar nicht an, jetzt | |||||||
Frankreich in dieser Rüksicht dem Lande des stolzen Britten vorzuziehen, | |||||||
der alle andere Nationen verachtet und sie als Sclaven ansieht, | |||||||
obgleich sich gegen die brittische Freyheit noch manches erwähnen ließe. | |||||||
Einige Tage vor und nach dem Bundesfeste sahe man in Paris Beyspiele | |||||||
von Patriotism, Gleichheitsliebe in allen Ständen etc realisirt, | |||||||
die man sonst kaum gewagt hatte sich träumen zu lassen. Dieser Geist | |||||||
schien aber nur zu herschen so lange man das Volk durch Feste, | |||||||
Tänze und Schmausereyen unterhielt und ihm auf mancherley Art | |||||||
vorgaukelte. Sobald man diese einstellte und die Deputirten aus den | |||||||
Provinzen sich zurückzogen, so hörte man von allen Seiten Klagen | |||||||
und Unzufriedenheit laut werden, selbst unter denenjenigen, die sich | |||||||
für ächte Freunde der Revolution erklärt hatten. Sehr viele adliche | |||||||
und bürgerliche, obgleich patriotisch gesinnte Familien fiengen bald an | |||||||
sich zu beschweren, daß die National=Versamlung in ihren decreten | |||||||
und Neuerungen zu weit gehe, daß es weit zu frühe sey gewiße Misbräuche | |||||||
durch absolute Gesetze einzustellen, die bey der jetzigen Staatsverfassung | |||||||
ohne Erfolg und Nachtheil wären und die die bloße Zeit | |||||||
völlig entkräften und unbedeutend machen würde, ohne, wie jetzt dergleichen | |||||||
Misvergnügen und Unwillen bey denjenigen zu erregen, die | |||||||
schwach genug sind, an gewiße angeerbte, wären es auch nur nominal | |||||||
und Scheinprivilegien einen Werth zu setzen. - Das entsetzlich große | |||||||
und fast bis zur Unbilligkeit getriebene Einziehen, und Schmählern | |||||||
der Pensionen und Besoldungen erregt gleichfalls ein sehr lautes | |||||||
Murren und eine lebhafte Unzufriedenheit. Und dies kann gar nicht | |||||||
fehlen, da fast nicht eine Familie in ganz Frankreich ist, die nicht | |||||||
entweder mittelbar oder unmittelbar dadurch verlöhre, die nicht etwa | |||||||
einen Sohn oder sonstigen Verwandten hätte, deren Einkünfte nicht | |||||||
um mehr als die Hälfte verringert seyn. und es gehört doch mehr | |||||||
Philosophie und Patriotismus dazu, als zu erwarten steht um dergleichen | |||||||
große Privat=Aufopferungen für's allgemeine Beste zu thun. | |||||||
Auf der andern Seite kennt wiederum der Pöbel in seinen Gesuchen | |||||||
und Ansprüchen keine Grenzen. Er fühlt jetzt seinen Einflus und | |||||||
Kräfte und misbraucht sie, vielleicht zu seinem eigenen Ruin. Anstatt | |||||||
das edle Kleinod, gesetzmäßige Freyheit, welches er jetzt besitzt | |||||||
zu bewachen, strebt er nach gesetzlose Zügellosigkeit, will den Gesetzen | |||||||
nicht weiter gehorchen, sondern über alles eigenmächtig urtheilen und | |||||||
Recht sprechen, davon man in Paris täglich Beyspiele sieht und hört. | |||||||
Der Pöbel und einige unruhige Köpfe sinds, die anjetzt ganz Frankreich | |||||||
regieren. Ich bin selbst mehrmalen in der NationalVersammlung | |||||||
gewesen, wenn sie gezwungen wurde gewisse decrete abzufassen, weil | |||||||
es niemand wagen durfte die geringste Einwendung dagegen vorzubringen, | |||||||
ohne von dem Pöbel auf den öffentlichen Tribunen insultirt | |||||||
und für einen Aristocraten ausgeschrien zu werden. Viele von den | |||||||
Mitgliedern der Nationalversammlung, um sich bey dem gemeinen | |||||||
Volke beliebt zu machen und in Ansehen zu bringen, machen in den | |||||||
Sitzungen solche Vorschläge, die vielleicht nicht zum allgemeinen Besten | |||||||
abzwecken, von denen sie aber wissen, daß sie das Volk mit allgemeinen | |||||||
Beyfallsgeschrey empfangen werde, die dann auch durchgehen, weil | |||||||
niemand es wagen darf Gegenvorstellungen zu machen. Viele von | |||||||
den Mitgliedern mit diesem Verfahren unzufrieden, haben auch schon | |||||||
gänzlich die Versamlung verlassen und wollen sie auch fernerhin nicht | |||||||
mehr besuchen und mit den Angelegenheiten nichts weiter zu schaffen | |||||||
haben. Welchen Ausgang dieses zuletzt nehmen werde, wagt niemand | |||||||
mit einigem Anschein von Wahrscheinlichkeit zu entscheiden. Die von | |||||||
der Sache am günstigsten urtheilen glauben, daß Frankreich noch | |||||||
manche Veränderung zu erleiden habe, ehe seine constitution fest gegründet | |||||||
wird. Andere die vielleicht alles aus einem ungünstigen Gesichtspuncte | |||||||
betrachten, befürchten, daß ein National Banqverrot unvermeidlich | |||||||
und ein allgemeiner Bürgerkrieg die nothwendige Folge | |||||||
sey, besonders, da in einigen Provinzen die Bauren sich schon sollen | |||||||
haben verlauten lassen, daß sie keine Abgaben entrichten wollen, weil | |||||||
sie sonst nicht absehen können, was sie denn durch die gegenwärtige | |||||||
Revolution gewonnen hätten. - Das Schiksal des Landes sind die | |||||||
Hauptgegenstände der Unterredung in Frankreich, daher man auch mit | |||||||
Gelehrten selten über etwas anderes als hierüber sprechen kann, die | |||||||
wenn sie unter 60 Iahren sind, noch einen thätigen Antheil nehmen | |||||||
müssen, da sie sämtlich wie jeder andere Franzose zur Nationalgarde | |||||||
gehören und Wache thun müssen. Eine Flinte, eine Grenadiermütze | |||||||
und die Nationaluniform zieren daher gewöhnlich dieser Herren Lesecabinete. | |||||||
Ich habe einige sehr angenehme Bekanntschaften unter ihnen | |||||||
gemacht, vorzüglich unter den Physikern und Chemikern, davon mir die | |||||||
von dem berühmten Charles der ein sehr liebenswürdiger Mann ist, | |||||||
und von dem Chemisten Peletier die interessantsten sind. Bey Peletier | |||||||
habe ich mit an dem berühmten Versuch gearbeitet, aus den 2 Luftarten | |||||||
Wasser zu machen, den eigentl[ich] Herr v. Jacquin, mein nachheriger | |||||||
Reisegefährte bis Strasburg, anstellte. - Ich verlies Paris | |||||||
in Gesellschaft des Herrn Dr Girtanner und Herrn v. Jacquin, und wir | |||||||
waren, möchte ich fast sagen, Augenzeugen der Massacre bey Nancy. | |||||||
Wir waren wenigstens die ersten Reisende, die durch die Stadt passirten | |||||||
nachdem die Thore wieder geöfnet und Ruhe einigermaßen hergestellt | |||||||
worden. Einige Meilen vor der Stadt erhielten wir schon einige unbestimmte | |||||||
Nachrichten über die Geschichte zu Nancy, durch einen reitenden | |||||||
Boten, der an die Nationalversammlung abgeschikt war. Dieser | |||||||
mahlte uns die Scene sehr blutig, aber glaubte daß es schon wieder | |||||||
ruhig sey. Meine Reisegefährten wollten sich durch diese Nachricht | |||||||
abschrecken lassen ihren Weg über Nancy zu nehmen, ich aber überredete | |||||||
sie unsern Weg dahin fortzusetzen, weil ich vermuthete, daß vieles | |||||||
in der Erzählung des Boten übertrieben sey. Wenn wir in Toul | |||||||
etwa 2 Meilen vor Nancy waren glaubten wir uns in einem Lande | |||||||
zu befinden wo Krieg geführt wird. Anfänglich erblickten wir einige | |||||||
Reuter, die sehr zerstört aussahen, wir wusten aber nicht, was das zu | |||||||
bedeuten habe. Bald aber kam das ganze Regiment Mestre de Camp, | |||||||
so viel derer nehmlich übrig geblieben waren, uns entgegen. Das | |||||||
ganze Regiment war geschlagen und schreklich zugerichtet und mußte | |||||||
jetzt aus Nancy flüchtig werden. Es hatte sehr viel Verwundete bey | |||||||
sich und oft wurden 4-5 Pferde von einem Manne geführt, weil die | |||||||
übrige getödtet waren. Man kann sich keine mehr kriegerische Scene | |||||||
denken. Beym ersten Anblick derselben war uns eben nicht sehr wohl | |||||||
zu Muthe, weil wir von ihnen als geschlagenen Rebellen alles zu befürchten | |||||||
hatten. Sie ließen uns aber ruhig vorbeypassiren, und wir | |||||||
sie auch. Ietzt wollten meine furchtsame Herren Reisegesellschafter | |||||||
es durchaus nicht wagen sich mehr dem unruhigen Nancy zu nähern | |||||||
sondern einen andern Weg über Metz nehmen. Ich aber als ein guter | |||||||
Preusse hatte solche Furcht nicht, und vermochte endlich über sie noch | |||||||
eine Station weiter zu gehen, welche die letzte vor Nancy war, wo | |||||||
wir dann gewisse Nachrichten über den Zustand in der Stadt einziehen | |||||||
und uns darnach bestimmen konnten. Hier hatten meine Herren Collegen | |||||||
dem Postknecht schon Befehle erteilt auf die erste Station nach | |||||||
Metz zu fahren, wenn ich noch zuletzt einen Husaren fand, der unter | |||||||
Boulli bey Nancy gefochten hatte, und uns versicherte, daß jetzt alles | |||||||
so ruhig sey, daß wir ohne Gefahr dahin fahren könnten. Wenn wir | |||||||
bey den Thoren der Stadt anlangten wurden wir zwar ziemlich scharf | |||||||
examinirt und unsere Pässe ziemlich genau nachgesehen, aber übrigens | |||||||
ruhig in die Stadt eingelassen, welche ganz das Gepräge einer eroberten | |||||||
Vestung hatte. Es war mit einer entsetzlich großen Anzahl Soldaten, | |||||||
die Sieger gewesen waren, angefüllt. Die mehresten Häuser waren | |||||||
zugeschlossen, sehr viele Fenster zerbrochen, und in einigen Häusern | |||||||
steckten noch die Flintenkugeln in den Mauren. Man sahe ausser den | |||||||
Soldaten sehr wenige Mannspersonen in den Straßen, aber sehr viel | |||||||
Weibsvolk. Alles sah betrübt und melankolisch aus. Wir hielten uns | |||||||
ein paar Stunden hier auf, um Nachrichten über die Anzahl der | |||||||
Todten etc. einzuziehen und der commandirende Officier bestimmte | |||||||
die Anzahl auf wenigstens 700, befürchtete aber deren noch mehr. | |||||||
Bald hinter Nancy begegneten wir das Regiment Carabinier aus | |||||||
Luneville, das seine Cameraden, die gemeinschaftliche Sache mit den | |||||||
Truppen in Nancy gemacht hatten, als Gefangene in Ketten geworfen, | |||||||
dahin ablieferte. Auf unserem ganzen Wege zwischen Nancy und Strasburg, | |||||||
waren wir die Nachrichtsboten, weil wir die ersten waren, die | |||||||
nach dem engagement durch die Städte durchkamen. Bey unserem | |||||||
Eintritt in dieselben wurden wir sogleich mit hunderten von Menschen | |||||||
umringt, die begierig waren, das Schicksal des schönen Nancy zu erfahren. | |||||||
In Strasburg hielten wir uns einige Tage auf, ich besuchte | |||||||
die dasige medicinische Anstalten und Lehrer fand aber nichts besonders | |||||||
interessantes. Männer die sich mit dem Studium Ihrer Schriften | |||||||
vorzüglich abgegeben hätten traf ich nicht an. Doch fand ich im Buchladen | |||||||
bey Koenig Ihre neueste Schriften, die ich noch nicht gesehen | |||||||
hatte, und obgleich ich nicht im Stande war sie zu lesen: so freute ich | |||||||
mich doch sehr wieder etwas von Ihnen zu sehen. Die Recensionen | |||||||
in der Ienaischen Lit. Z. über verschiedene Schriften Ihrer Freunde | |||||||
und Gegner hatte ich schon in Paris mit vielem Antheil gelesen. Mein | |||||||
Bruder hat mich benachrichtigt, daß Sie so gütig gewesen sind ein | |||||||
Exemplar Ihrer Critik der Urtheilskraft mir zu schenken, wofür ich | |||||||
Ihnen jetzt meinen verbindlichsten Dank abstatte. - Zwischen Strasburg | |||||||
und Maynz habe ich mich nirgend länger als ein paar Stunden oder | |||||||
höchstens wie z B in Manheim 1/2 Tag und eine Nacht aufgehalten, | |||||||
daher ich keine Gelehrte habe besuchen können, von denen ich Ihnen | |||||||
Nachricht ertheilen könnte. In Maynz blieb ich 2 1/2 Tag, die ich | |||||||
gröstenteils in dem Hause des HE. HofR. Forsters durchlebt. Er ist | |||||||
ein äusserst liebenswürdiger und gefälliger Mann. In seiner Bibliothek | |||||||
fand ich wieder alle Ihre neuere und selbst einige von den frühern | |||||||
Schriften, er aber bedauerte, daß seine übrige literärische Arbeiten | |||||||
ihm nicht Zeit vergönnten Ihre Schriften nach dem wie sie verdienten | |||||||
zu studiren. Er bat mich aufs inständigste Sie seiner unbegränzten | |||||||
Hochachtung zu versichern, wie auch an Herrn Prof Kraus ihn zu | |||||||
empfhelen, dessen persönlicher Bekanntschaft in Berlin er sich noch stets | |||||||
mit Vergnügen erinnert. Er bedauerte auch, daß er in seinem Streit | |||||||
mit Ihnen einen solchen Ton geführt habe. Erlauben Sie, daß ich | |||||||
einige Zeilen aus seinem Briefe die er an mich schrieb, hier her setze: | |||||||
"- Dem vortreflichen Kant bezeigen Sie meine Verehrung. Mein | |||||||
Aufsaz gegen ihn hat einen Anstrich von polemisierender übler Laune, | |||||||
die ich ihm bald nachdem ich ihn gedrukt sah, zu nehmen wünschte, | |||||||
weil er weder zur Sache gehört, noch gegen einen Mann wie Kant | |||||||
sich ziemte. Allein zu meiner Entschuldigung muß ich sagen, daß alles | |||||||
was ich damahls in Wilna schrieb, diesen Anstrich hatte und ich bin | |||||||
Materialist genug, um wenigstens diese Dinge, von körperlicher Indisposition | |||||||
herzuleiten, die damals wirklich existirte - Herrn Prof | |||||||
Kraus vergessen Sie nicht zu grüssen etc. - Herr HofR. Soemmering | |||||||
läßt sich Ihnen auch bestens empfhelen. - In Frankfurth am Mayn | |||||||
habe ich zwar einige medicinische Praktiker, aber keine tiefdenkende | |||||||
Philosophen gesprochen. Den Grafen v. Kayserlingk, der hier bey | |||||||
der Gesandschaft steht, habe ich besucht, und er schien sich zu freuen, | |||||||
mich wieder zu sehen. Er erkundigte sich mit aller Wärme der er | |||||||
fähig ist nach Ihnen und Ihrem Befinden und bat mich gleichfalls seiner | |||||||
bestens in meinem Briefe an Sie zu erwähnen. Von Frankf gieng ich | |||||||
nach Marburg wo ich mich einen ganzen Tag aufhielt. Ich besuchte | |||||||
des Morgens früh schon Prof Bering dessen Brief an Sie ich mich | |||||||
noch stets zurük erinnere, wo er sich als einen großen Verehrer von | |||||||
Ihnen erklärt und nach Königsberg zu kommen wünscht. Diesen | |||||||
Wunsch hat er auch noch, und würde ihn sicher befriedigen, wenn das | |||||||
Königsberg nicht so sehr entfernt wäre, worüber sich schon mehrere | |||||||
Gelehrte beschwert haben. Ueberdem ist er jetzt zum Bibliothekar ernannt | |||||||
worden, welches ihn so mehr an Marburg fesselt. Er empfieng | |||||||
mich als einen Begunstigten von Kant mit vieler Freude und Wärme, | |||||||
und ich mußte ihm recht viel von Ihnen erzählen. Er behielt mich | |||||||
den ganzen Vormittag und auch zum Mittagessen bey sich. Er erzählte | |||||||
mir auch daß er noch immer so ziemlich in ecclesia pressa in Rüksicht | |||||||
Ihrer Philosophie lebe. Ein gewißer Endemann der jetzt todt ist hatte | |||||||
damahls das Verbot über Ihre Schriften zu lesen, ausgewirkt. Wir | |||||||
unterredeten uns auch über Ihre jetzige Streitigkeit mit Eberhard und | |||||||
Prof B. bedaurete recht sehr, daß Sie dazu wären genöthiget worden, | |||||||
glaubte aber, daß wenn Sie gewußt hätten, wie wenig credit Eberhard | |||||||
im Publikum hat: so würden Sie es nicht der Mühe werth geachtet | |||||||
haben, ihn zu wiederlegen. Ich habe dasselbe Urteil noch verschiedenen | |||||||
andern Ihrer Freunde in Göttingen etc fällen gehört. | |||||||
Folgendes will ich Ihnen doch auch noch von der Person des HE | |||||||
Prof. B. mittheilen. Er ist ein Mann nahe an 40 hat sehr viel Ernst | |||||||
und Nachdenken in seinem Wesen, ähnt so wohl im Gesichte als in | |||||||
der ganzen Figur unserm Prof Holtzhauer, ist aber nicht völlig so | |||||||
lang und nicht so hager, spricht aber auch ebenso geschärft wie Prof | |||||||
H. - Eine kleine Abhandlung die er als Program bey Abdankung | |||||||
des Prorectorats hat drukken lassen und worinn über Ihre Werke | |||||||
verschiedenes vorkommen soll, hat er mir versprochen nach Leipzig zu | |||||||
schicken, wo ich's bey meiner Ankunft finden soll. Nach Tische führte | |||||||
er mich zu Professor Tiedemann der aber nicht in der Stadt war, | |||||||
mithin habe ich ihn auch nicht gesprochen. Dann gieng er mit mir | |||||||
zu einem andern Ihrer Verehrer und zwar einen Bekehrten, den HofR. | |||||||
Jung, der sich sehr freute mich zu sehen weil ich ihm Nachrichten von | |||||||
Ihnen mittheilen konnte, und mich bat ihm bey Ihnen bestens zu | |||||||
empfhelen. Ein gleiches that der Geh. R. Selchow zu dem mich Prof | |||||||
B. führte, weil S. so ein närrischer Mensch ist, und mit dem er mich | |||||||
durch aus bekannt machen wollte, da ich einmahl in Marburg war. | |||||||
Zuletzt gieng ich zu Baldinger der mich auch nicht vor Abend von sich | |||||||
ließ. - Nie habe ich die Menschheit so in Verfall gesehen! Ich könnte | |||||||
ganze Bogen über ihn schreiben, doch ich erspare es mir Ihnen mündlich | |||||||
zu erzählen. Von Marburg gieng ich nach Cassel, wo ich wieder | |||||||
ein paar Tage anhielt um die Merkwürdigkeiten der Natur und Kunst | |||||||
so wohl innerhalb als in der Nachbarschaft der Stadt zu besehen. | |||||||
Von literarischen Neuigkeiten ist mir aber an diesem Orte nichts vorgekommen. | |||||||
- Endlich langte ich Dienstag den 21sten Septb. in Göttingen | |||||||
an. Ich besuchte sogleich meinen Freund Prof Arnemann wo | |||||||
ich meinem heissen Verlangen gemäs Briefe von meinen Königsbergschen | |||||||
Freunden fand, die mir einen wahren Festtag machten. Herzinniglich | |||||||
freuete ich mich in allen Briefen die Versicherung zu lesen, | |||||||
daß ich noch in meiner Vaterstadt in gutem Andenken stehe. Vorzüglich | |||||||
aber war ich erfreut in den 3 Briefen, durch die Sie mir die | |||||||
Bekanntschaft der 3 berühmtesten Lehrern Göttingens verschaften, einen | |||||||
neuen schätzbaren Beweis Ihrer Güte und Gewogenheit für mich zu | |||||||
finden. Zuerst besuch teich den folgenden Morgen Hof Rath Blumenbach, | |||||||
der ein offener und liebenswürdiger Mann ist. Er fühlte sich durch | |||||||
Ihren Brief sehr geschmeichelt, erbot sich mir jeden Dienst während | |||||||
meinen Aufenthalt in Göttingen zu erweisen. Sonnabend speisete ich | |||||||
bey ihm zu Abend. Sontag Vormittag führte er mich ins Musäum etc. | |||||||
Er hat mir beikommenden Brief für Sie gegeben, wie auch das 1ste | |||||||
Stück seiner Beyträge zur Naturgeschichte, die ich aber bis auf beqveme | |||||||
Gelegenheit zurükbehalte, weil ich glaube, daß Sie es schon gelesen | |||||||
haben, und es auch zu unwichtig ist es durch die Post zu überschicken. | |||||||
Denselben Tag gab ich auch den Brief an Lichtenberg und Kaestner | |||||||
ab. Herr Hof.R Lichtenberg hielt eben Vorlesungen und da es mitten | |||||||
in der Stunde war, wollte ich ihn nicht stöhren ließ daher den Brief | |||||||
und meine Addresse zurük. Er fährt gleich nach geendigten Vorlesungen | |||||||
nach seinen Garten ausserhalb der Stadt, schikte mir aber sogleich | |||||||
seinen Bedienten zu, dessen ich mich bedienen sollte, um mich allenthalben | |||||||
herumführen zu lassen. Er selbst hofte mich den folgenden Tag | |||||||
zu sehen. Ich besuchte ihn daher auch den andern Morgen sobald | |||||||
er nur in die Stadt gekommen war. Ich glaube Sie wissen es, da | |||||||
er ein kränklicher buckligter Mann ist, der schon mehrmalen seinem | |||||||
Tode nahe gewesen, jetzt hatte er sich wieder etwas erhohlt. Seine | |||||||
Freude über Ihren Brief war sehr groß. Er sprach mit großer | |||||||
Wärme, wobey seine geistreichen und lebhaften Augen strahlten, wie | |||||||
sehr, und wie lange er Sie schon schätze, wie Sie ihm schon aus | |||||||
Ihren ältesten Abhandlungen bekannt wären. Er sagte, daß er sich | |||||||
äusserst freuen würde, Ihnen oder mir irgend einen Dienst erweisen | |||||||
zu können. Er bot mir sogleich an seine Vorlesungen zu besuchen, so | |||||||
oft ich Vergnügen finde. Den folgenden Tag zeigte er mir seine Instrumentensammlung, | |||||||
ich brachte den ganzen Nachmittag bey ihm zu | |||||||
und trank Coffée bey ihm. Ich wohnte alle seine Vorlesungen bey, | |||||||
so lange ich in Göttingen war, er war eben mit der Electricität beschäftigt. | |||||||
Er bot mich nochmals von seinem Bedienten Gebrauch zu | |||||||
machen, so viel ich wollte. Ich habe ihn alle Tage besucht und gesprochen, | |||||||
weil er so ein äusserst liebenswürdiger und artiger Mann | |||||||
ist. Er wird nächstens durch die Post an Sie schreiben. Ich habe | |||||||
auch von anderen Professoren gehört, daß er sich so sehr gefreut hat, | |||||||
einen Brief von Ihnen erhalten zu haben. Er sagt, er habe durch | |||||||
mich einen Brief von dem Propheten aus Norden erhalten. - Ich | |||||||
kann Ihnen nicht sagen, wie sehr ich mich beym Anblick des HofR. | |||||||
Kaestners in der Vorstellung betrogen fand, die ich mir aus seinen | |||||||
Epigrammen und aus dem was ich sonst von ihm gehört und gelesen | |||||||
hatte, von seiner Person und Betragen vormals machte. Anstatt | |||||||
einen Mann zu finden, für dessen schneidende Zunge man sich nicht | |||||||
genug hüten könne, fand ich ein ganz kleines Mänchen im Schlafrok | |||||||
und einem runden Perükchen vor einer brennenden Lampe in einer | |||||||
überaus heißen Stube sitzend, dem es zwar anzusehen war, daß er | |||||||
sich freue, mich zu sehen, nachdem ich einen Grus von Ihnen bestellt | |||||||
und Ihren Brief ihm übergeben hatte, der aber aus sichtbarer Verlegenheit | |||||||
und Ängstlichkeit, worinn er sich befand nicht zu sprechen vermochte. | |||||||
Mehr durch Zeichen als durch Worte nöthigte er mich, zum | |||||||
Niederzusitzen, sagte dann unter beständigen Händewinden und Beugen | |||||||
des Körpers in halbverschlukten Worten, wie willkommen ich ihm wäre, | |||||||
da ich ihm Nachrichten von Ihnen brächte. Er fuhr fort unter denselben | |||||||
Zeichen seiner Verlegenheit sich nach Ihrem Alter und Befinden, | |||||||
wie auch nach Prof Krause sich zu erkundigen, wie überhaupt fast | |||||||
alle Professoren z B. Heyne, Lichtenberg, Feder mit vielem Interesse | |||||||
sich nach Herrn Prof K. erkundiget haben. - Er fragte, wie lange ich | |||||||
in Goettingen bleiben würde und bedauerte daß mein Aufenthalt nur | |||||||
so kurz sey, erbot sich mich allenthalben mit Vergnügen herumzuführen. | |||||||
welches ich aber verbat, da ich schon andere Freunde gefunden hatte, | |||||||
die es thun würden. Endlich nach einer abgebrochen Unterredung von | |||||||
10-15 Minuten nahm ich von ihm Abschied und er bat mich, ihn | |||||||
wieder zu besuchen, und sagte, daß es ihm leid wäre, daß ich nicht | |||||||
seine Dienstanbietungen nicht annehmen wollte. Den Tag vor meiner | |||||||
Abreise von Göttingen besuchte ich ihn noch einmahl, und fand ihn just | |||||||
wie vorher. Er bedaurete, daß Sie genöthiget worden sich in einen | |||||||
Streit mit HE Eberhard einzulassen, bat mich wenn ich an Sie | |||||||
schriebe oder Sie wieder sehe recht viele Versicherungen von seiner | |||||||
Hochachtung für Sie zu bestellen. Mit nächsten wird er selbst an Sie | |||||||
schreiben. - Ich habe auch den HofR. Feder besucht, der mich als | |||||||
einen Schüler von Ihnen mit sehr vieler Artigkeit empfieng. Er | |||||||
sprach mir sehr viel von seiner unbegränzten Hochachtung für Sie, | |||||||
versicherte, daß, so oft er Ihnen wiedersprochen, solches aus bloßer | |||||||
Wahrheitsliebe geschehen sey, ja er überredet sich sogar, daß Ihre Sätze | |||||||
und Behauptungen von den seinigen eben nicht mehr sehr weit verschieden | |||||||
seyn. Er hat mich ein paar Mahle besucht und ich bin mehrere | |||||||
Mahle in seinem Hause gewesen. - Einen erklärten Anhänger und | |||||||
Vertheidiger Ihrer philosophischen Grundsätze haben Sie in Göttingen | |||||||
an Herrn Prof. Buhle, den ich aber zu sprechen nicht Gelegenheit gehabt | |||||||
habe. Man hält aber eben nicht viel von ihm. - Meine übrige | |||||||
Bekanntschaften die ich in Göttingen gemacht habe, will ich nicht weiter | |||||||
erwähnen, da sie sich vorzüglich auf die medicinische Professoren einschränkten. | |||||||
Die Kürze meines Aufenthalts daselbst erlaubte mir nicht | |||||||
verschiedene Männer zu sprechen, die ich wohl gewünscht hätte. Da es | |||||||
aber eben die Ferienzeit war, waren auch verschiedene abwesend. Von | |||||||
Göttingen gieng ich in Gesellschaft eines Ihrer dankbarsten Zöglinge | |||||||
des Herrn Friedlaenders aus Königsberg, der sich 1 1/2 Iahr daselbst | |||||||
aufgehalten hatte nach Hannover. Herr Friedlaender empfhielt sich | |||||||
bestens Ihrer Erinnerung, und versichert Sie durch mich Seiner lebhaftesten | |||||||
Dankbarkeit für die vortreflichen Lehren, die er zur Ausbildung | |||||||
seines Herzens und Kopfs von Ihnen erlangt hat. Ich bin | |||||||
mit ihm von Göttingen bis nach Halle gereiset, und habe in seiner | |||||||
Gesellschaft eine äusserst interessante und angenehme Reise gehabt. Der | |||||||
Gegenstand unserer Unterredungen war vorzüglich unser geliebtes Vaterland, | |||||||
woran wir ein gleiches Interesse nahmen, und der Mann, für | |||||||
den unser beyder Herz die lauterste und ungeheuchelteste Hochachtung | |||||||
und Verehrung fühlt. In Hannover besuchte ich gleich nach meiner Ankunft | |||||||
den Herr Gh. S[ecretär] Rehberg einen Ihrer vorzüglichsten Verehrer | |||||||
und Anhänger. Er ist ein junger Mann von etwa 30 Iahren, der | |||||||
mir aber beym ersten Besuch eben nicht sehr gefiel. Er schien sehr | |||||||
verschloßen, etwas kalt, und sehr genirt zu seyn, daher ich mich auch | |||||||
nur einige Minuten bey ihm verweilte. In seinem Hause sah ich die | |||||||
marmorne Buste zur Verewigung des berühmten Leibnitz. - Denselben | |||||||
Tag Nachmittags machte er mir noch die Gegenvisite, war weit | |||||||
freundschaftlicher und ofner und sehr gesprächig, und bat mich für den | |||||||
andern Mittag bey sich zu Tische, wo ich in Gesellschaft seiner achtungswerthen | |||||||
Mutter, seiner liebenswürdigen Schwester und des jungen | |||||||
Herrn Brandes speisete, und ich zähle diesen Tag unter die angenehmste, | |||||||
die ich auf meiner Reise durchlebt habe. Herr Gh. S. Rehberg ist in | |||||||
seinem Gespräche ein sehr bescheidener Mann, aber man kann darinn | |||||||
den Mann von Kopf, Originalität der Gedanken, und ausgebreiteter | |||||||
Gelehrsamkeit nicht verkennen. Ich halte ihn für den feinsten Kopf | |||||||
unter allen Ihren Schülern, die ich bis jetzt noch habe kennen lernen. | |||||||
Von Ihrer Critik der p. Vernunft spricht er mit einer Wärme, als | |||||||
ich noch nie einen Menschen über eine Schrift habe sprechen hören. | |||||||
Er wird mit der Zeit ein Naturrecht schreiben, worinn er zeigen wird, | |||||||
daß es darinn eben solche Antinomien der Vernunft gebe, als in der | |||||||
speculativ. Philosophie und Moral. Seine Bescheidenheit und weil er | |||||||
wußte daß Sie so sehr mit Briefen belästiget werden hat ihn abgehalten, | |||||||
an Sie zu schreiben; doch hat er jetzt gewagt, in einem Briefe | |||||||
an Nicolovius einige Fragen zu schicken, davon er sich bey Gelegenheit | |||||||
die Auflösung von Ihnen gütigst erbittet. In Hannover besuchte ich auch | |||||||
noch den Ritter v. Zimmermann, der äusserst artig mich empfieng. Ich | |||||||
war beym ersten Besuch über 1 Stunde bey ihm, er erkundigte sich gleichfalls | |||||||
nach Ihrem Befinden und bat mich ihn zu empfhelen. Den andern | |||||||
Tag machte er mir auch den Gegenbesuch und blieb auch über 1/2 Stunde | |||||||
bey mir. Der Herr Ritter hat mich sehr gnädig behandelt, da er wohl | |||||||
sonsten Grafe und andere hohe Adliche nicht vor sich lassen soll. Sonsten | |||||||
habe ich noch den Hofmedicus Wichmann und einige andere Ärzte | |||||||
besucht, die aber für Sie weiter kein Interesse haben. - Von Hannover | |||||||
gieng ich nach Braunschweig wo ich mich aber nur 2 Tage aufhielt, | |||||||
das Naturaliencabinet und nur sehr wenige Gelehrte besuchte, unter | |||||||
denen Eschenberg und Prof Emperius. Im Hause von Campe, war | |||||||
ich 2 mahl um ihn zu sehen, er war aber nicht zu Hause. Von | |||||||
Braunschweig nahm ich meinen Weg über Halberstadt nach Magdeburg. | |||||||
In Halberstadt fand ich in Rector Fischer einen artigen und gescheuten | |||||||
Mann, der sich Ihnen zu empfhelen bat. Gleim, den ich auch besuchen | |||||||
wollte, war nicht zu Hause sondern ausserhalb der Stadt krank. In | |||||||
Herrn HofR. Fritze lernte ich einen liebenswürdigen Mann und einen | |||||||
sehr aufgeklärten und geschikten Arzt kennen. - In Magdeburg hatte | |||||||
ich unaussprechlich große Freude den lieben Herrn Boettcher aus | |||||||
Königsberg und seine Frau wiederzufinden, mit denen ich einmahl | |||||||
wieder von den mir über alles wichtigen Gegenständen, von meinen | |||||||
theuren Freunden und geliebter Vaterstadt mich unterhalten konnte, | |||||||
und die daran gleiches Interesse nahmen. Ich habe 3 recht frohe | |||||||
Tage in Gesellschaft des Herrn Boettchers und seines Freundes des | |||||||
Herrn ConsistorialRaths Funk, an den ich noch besonders empfholen | |||||||
war, in Magdeburg verlebt. - Mein kleiner Landsmann Jaescher | |||||||
befindet sich recht wohl. - Von Magdeburg gieng auf Halle, woselbst | |||||||
ich mich jetzt seit einigen Tagen befinde, und bey Ihrem treuen Verehrer | |||||||
dem Prof Jakob rechte frohe Stunden genieße. Magist: Beck, | |||||||
der sich bestens Ihnen empfhelen läßt, wohnt in demselben Hause und | |||||||
macht unsern Mitgesellschafter aus. Ich habe schon die meisten von | |||||||
den hiesigen Prof. besucht und unter anderm auch Herrn Eberhard, | |||||||
bey dem ich schon 2 mahl gewesen bin und zwar jedesmahl über | |||||||
1 Stunde. Er hat aber auch nicht im mindesten von Ihnen oder | |||||||
seinen Streitigkeiten gesprochen, sondern sich nur vorzüglich über politische | |||||||
Angelegenheiten Frankreichs mit mir unterhalten, woran er ein | |||||||
großes Interesse nimmt, und ich ihm einige Nachrichten mittheilen | |||||||
kann. Uebrigens kann ich Ihnen nichts besonderes von Halle melden, | |||||||
ausser daß ich von verschiedenen Professoren HE Forster, Semler etc. | |||||||
an Sie zu bestellen habe. - In wenigen Tagen gehe ich von hier | |||||||
nach Iena und vielleicht auch Weimar und dann über Leipzig nach | |||||||
Berlin. Ich nähere mich also dem Ziel meiner Reise und denke schon | |||||||
mit entzückender Freude an die Zeit, da ich wieder in Königsberg seyn | |||||||
5 und das Glük haben werde, Ihren unmittelbaren Umgang zu genießen. | |||||||
Ich vereinige hier den wärmsten Wunsch meines Herzens mit dem oft | |||||||
gehörten Wunsch Ihrer Freunde und Verehrer für Ihr Glük, langes | |||||||
Lebens, und die dauerhafteste Gesundheit zur Glorie unseres Vaterlandes | |||||||
und zum Wohl der Menschheit. - In einem Briefe aus Paris | |||||||
an meinen Bruder nahm ich mir die Freyheit, Sie um einige Briefe | |||||||
für mich an Ihre Freunde in Deutschland zu bitten, bis jetzt habe ich | |||||||
noch keine erhalten, es sey, daß sie entweder mich verfehlt, oder Ihre | |||||||
viele Geschäfte Ihnen nicht erlaubt haben sie zu schreiben. Ihre mir | |||||||
vielfältig erwiesene Gefälligkeiten machen mich so dreist, Sie nochmahls | |||||||
zu bitten, wofern Ihre Geschäfte es erlauben, mir einige Briefe an | |||||||
Ihre Freunde in Berlin zu schicken, und vorzüglich an solche Leute, | |||||||
die mir vielleicht nützlich seyn könnten, wenn ich etwa suchen sollte bey | |||||||
der Universität angestellt zu werden; doch werde ich mich hierüber | |||||||
zu einer andern Zeit Ihren gütigen Rath ausbitten, für jetzt will's | |||||||
der Raum nicht verstatten. Sollten Herr Gh. Rath Hippel oder Prof | |||||||
Kraus einige Freunde in Berlin haben; so würden Sie mir vielleicht | |||||||
von diesen Herren gleichfalls welche auswirken können. Sie werden | |||||||
gütigst verzeihen, daß ich mich gerade zu mit dieser Bitte an Sie | |||||||
verwende, da ich doch weiß, wie sehr Sie beschäftigt sind, ich kenne aber | |||||||
auch zugleich Ihre Gefälligkeit, und bitte nur bey Gelegenheit einige | |||||||
müssige Augenblicke darauf zu verwenden. Ich hoffe auch gütige Nachsicht | |||||||
von Ihnen zu erhalten, daß ich Sie mit einem so langen Briefe, | |||||||
und mit so vielen unbedeutenden Nachrichten belästige; da ich ihn aber | |||||||
schon in Göttingen angefangen habe und so oft während dem Schreiben | |||||||
desselben bin unterbrochen worden; so ist's mir nicht möglich gewesen | |||||||
alles gehörig zu ordnen und das Unwichtige vom Wichtigern abzusondern. | |||||||
Ich empfhele mich und meinen Bruder der fernern Fortdauer | |||||||
Ihrer Gewogenheit und verharre mit der vollkommensten Hochachtung | |||||||
und in der tiefsten Ergebenheit | |||||||
Ew: Wohlgebohren | |||||||
Halle den 14ten Octobr | dankbarster Schüler und Freund | ||||||
1790. | Ioh. Benj. Iachmann. | ||||||
[ abgedruckt in : AA XI, Seite 215 ] [ Brief 451 ] [ Brief 453 ] [ Gesamtverzeichnis des Briefwechsels ] |