Kant: Briefwechsel, Brief 396, An Iohann Erich Biester.

     
           
 

 

 

 

 

 
  An Iohann Erich Biester.      
           
  29. Dec. 1789.      
           
  Ihr gütiges Andenken an mich und das angenehme Geschenck,      
  welches Sie, Theurester Mann! mir mit dem letzten Qvartal Ihrer      
  Monatsschrift gemacht haben, erregt in mir den Vorwurf einer Undankbarkeit,      
  in so langer Zeit diese Ihre Freundschaft gegen mich durch      
  nichts erwiedert zu haben. Ich habe verschiedene Stücke für Ihr      
  periodisches Werk angefangen und bin immer durch dazwischen kommende      
  nicht auszuweichende Stöhrungen unterbrochen und an der Vollendung      
  derselben gehindert worden. Bedenken Sie indessen, Werthester Freund!      
  66 Iahre alt, immer durch Unpäslichkeit gestöhrt, in Planen, die ich      
  nur noch zur Hälfte ausgeführt habe und durch allerley schriftliche oder      
  auch öffentliche Aufforderungen von meinem Wege abgelenkt, wie schweer      
  wird es mir alles, was ich mir als meine Pflicht denke, zu erfüllen,      
  ohne hie oder da eine zu verabsäumen? - allein ich habe jetzt eine      
  Arbeit von etwa nur einem Monate zu vollenden; alsdenn will ich      
  einige Zeit ausruhen und diese mit einigen Ausarbeitungen, im Falle      
  sie Ihrer Monatsschrift anständig sind, ausfüllen.      
           
  Aber was ich schon längst hätte thun sollen und immer wieder      
  aus der Acht gelassen habe, das thue ich jetzt, nämlich Sie zu bitten,      
  mit der Ubersendung Ihrer M. S. qvartalweise sich ferner nicht      
  unnöthiger Weise in Kosten zu setzen. Denn, da ich die Stücke, so wie      
  sie monatlich herauskommen, ohnedem von meinen Freunden communicirt      
  bekomme, warum soll ich Sie damit belästigen? Die Unterbleibung      
           
  dieser Zusendung wird nicht im Mindesten in mir den Eifer      
  schwächen, Ihnen, hierinn so wohl als in jedem andern Falle, nach      
  allem meinem Vermögen zu Diensten zu seyn. In Hofnung auf Ihre      
  gegenseitige Freundschaft und Gewogenheit beharre ich jederzeit      
           
    Ihr      
  Koenigsberg ergebenster treuer Diener      
  den 29 Dec: I Kant.      
  1789        
           
  N. S. Inneliegenden Brief bitte bey Hr. H[of] R[ath] D. Hertz      
  gütigst abgeben zu lassen.      
           
           
           
     

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