Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zum Streit der ... , Seite 452 |
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01 | ist und so fern (nämlich als geschichtskundig) zur unteren Facultät | ||||||
02 | (der philosophischen) gehört aber doch auch als Göttliche Gebote wie sie | ||||||
03 | die Vernunft der Moral gemäs vorstellen muß vorträgt und ihre Schüler | ||||||
04 | darinn für die Belehrung des Volks treiben sollen unterweisen muß (im | ||||||
05 | practischen) und so zur oberen gezählt werden muß; - andererseits | ||||||
06 | aber die Religion es mit Ideen der reinen Vernunft als moralisch practischen | ||||||
07 | Erkentnisgründen a priori zu thun hat und so zur oberen gezählt | ||||||
08 | werden müßte weil sie schlechthin gebietet aber doch auch was die dazu | ||||||
09 | hinwirkende Mittel betrift diese sittlich=gute (Gott wohlgefällige) Verfassung | ||||||
10 | durch das was die Erfahrung in der biblischen Geschichte bisher | ||||||
11 | als das kräftigste bewährt gefunden hat auszufinden und darzulegen als | ||||||
12 | historisches Erkentnis zur philosophischen Facultät gehört. Die theologische | ||||||
13 | u. philosophische Facultäten müssen u. werden wenn es um die Religion | ||||||
14 | zu thun ist auch jederzeit im Streit seyn nicht einander zu befehden | ||||||
15 | sondern einzuschränken u. so Freyheit unter selbst sich gemachten Gesetzen | ||||||
16 | zu bewirken. | ||||||
17 | Dritte Seite |
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18 | Das Entstehen der Bibel als eines Volksbuchs ist die größte Wohlthat | ||||||
19 | die dem menschlichen Geschlechte je wiederfahren ist. Ein jeder Versuch sie | ||||||
20 | geringschätzig zu machen oder sie mit den Theophilanthropen gantz eingehen | ||||||
21 | zu lassen ist Frevel an der Menschheit und wenn es ja Wunder geben | ||||||
22 | soll so ist dieses Buch in welchem die Wundererzählungen nur zur historischen | ||||||
23 | Bestätigung dessen was Religion durch die Vernunft gebietet | ||||||
24 | beyläufig vorkommen das größte Wunder selbst nämlich ein ohne griechische | ||||||
25 | Weisheit von Layen zusammengetragenes System von Religions=und Glaubenslehren | ||||||
26 | welches mehr als irgend eines Wirkung aufs menschliche | ||||||
27 | Herz zur moralischen Besserung desselben ausgeübt hat. | ||||||
28 | Solte die Bibel einmal ausgehen und in Vergessenheit kommen | ||||||
29 | so würde bei der fortschreitenden Cultur des menschlichen Geschlechts ein | ||||||
30 | neues für gottliche Offenbahrung zu haltendes Buch wohl schwerlich | ||||||
31 | Eingang finden; denn zum zweytenmale läßt sich ein ganzes durch | ||||||
32 | Schrift Glauben vereinigtes Volk durch Versprechen daß ein neues | ||||||
33 | System für die Moralität von besserer Wirkung als das der vorigen Bibel | ||||||
34 | seyn werde nicht hinhalten. | ||||||
35 | Da man indessen nicht mit Sicherheit wissen kann wie es mit dem | ||||||
36 | Fortgange der Cultur des Menschengeschlechts bestellt seyn mag ob nicht | ||||||
37 | barbarische Rohigkeit oder auch entnervende oder überfliegende Verfeinerung | ||||||
38 | das moralische Weltende nicht einstens herbey führen könne so | ||||||
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