Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zum Streit der ... , Seite 453

   
         
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

Verknüpfungen:

 

 

 
  01 ist der Satz vom geschriebenen Wort Gottes daß es nämlich ewig dauren    
  02 werde nur so zu verstehen daß es Pflicht der Menschen vornehmlich der    
  03 Lehrer sey es so zu beherzigen und zu lehren als ob es ewig zu währen    
  04 bestimmt sey weil der Gedanke von ihrer möglichen Abänderlichkeit zugleich    
  05 den von einer fehlerhaften Beschaffenheit derselben und der    
  06 Glaubenslehre selber bey sich führen und so ohne Kraft seyn würde.    
         
  07

Vierte Seite

   
         
  08 Der Streit der Facultäten kann u. wird wohl zwischen der theologischen    
  09 u. philosophischen immer bleiben aber nicht als Wiederstreit    
  10 sondern als Antagonism der Einschränkung der einen durch die andere.    
         
         
  11 Durch die Originalität dieses Buchs (der Bibel) selbst welche    
  12 dennoch mit dem was die Vernunft von der Religion (dem Erkentnis    
  13 aller Pflichten als göttlicher Gebote) sagt in der Lehre so zusammenstimmt    
  14 zugleich aber auch zur Erweckung moralischer Triebfedern in Befolgung    
  15 derselben von Jahrhunderten her bis jetzt so kräftig und beharrlich    
  16 hingewirkt hat daß bey dem manigfachen Wechsel menschlicher Satzungen    
  17 man doch immer genöthigt worden ist zu ihr als dem Canon des Glaubens    
  18 zurück zu kehren wodurch sie als bestätigtes Organ der Beförderung und    
  19 Erhaltung der Religion Erfahrung die einzige heilige Schrift zu heißen    
  20 und in unabsehliche Zeiten zu bleiben geeignet ist.    
         
  21 Die Beglaubigung der Bibel also ein solcher beharrlicher Canon zu    
  22 bleiben gründet also nicht wiederum auf göttlicher Offenbarung (einem    
  23 geoffenbarten göttlichen Willen) daß sie für den einzigen heiligen Codex    
  24 angenommen werden solle sondern daß weil es keine Kirche ohne ein    
  25 solches Buch nicht wohl geben kann dieses was einmal da ist und jenen    
  26 Zweck der Religionslehre erfüllt dazu angenommen zu werden verdiene.    
  27 Keine Theophilanthropische Gemeinde theologische Mystik wird den    
  28 Mangel derselben ersetzen weil die Erfahrung nicht blos zeigt daß ohne    
  29 alles heilige Buch Barbarey in Religionsbegriffen sich einfinden würde    
  30 sondern auch weil dieses gegenwärtige System durch Erfahrung seine    
  31 Brauchbarkeit in Ansehung alles Moralischen sich selbst zum Canon berechtigt    
  32 den selbst die Regierung mit Achtung anzuerkennen nicht ermangeln    
  33 wird.    
         
         
     

[ Seite 452 ] [ Seite 454 ] [ Inhaltsverzeichnis ]