Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zum Streit der ... , Seite 447

   
         
 

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  01 constituirten Urheber. Sie spricht allem was nicht denselben Kirchenglauben    
  02 hat die Seeligkeit ab. Sie will hierarchische Einheit der Kirche    
  03 und nimmt alle besondere Glaubensmeynungen für Schismen und    
  04 Ketzereyen. Sie behauptet den Genuß des Leibes Christi durch Verwandlung    
  05 die Lutheraner genießen den todten Leib Christi da er doch    
  06 lebt. Verbot des Bibellesens. Das compellite intrare - Extra Ecclesiam    
  07 Die Reformirten machen aus dem Symbol doch ein Gnadenmittel ohne    
  08 sagen zu können wie das möglich sey.    
         
  09 Wenn die Erbsünde das princip des Bösen als ein factum seyn soll    
  10 ist es Substanz Teufel und der Gute Geist auch besondere Substantz -    
  11 drama - der personification.    
         
  12 Die Römisch Catholische Kirche behauptet ihre Einheit und spricht    
  13 allen anderen die Seeligkeit ab - die protestantische räumen jener die    
  14 Seeligmachende Eigenschaft ein vereinigen sich aber zu abgesonderten    
  15 Kirchen anderer Confessionen und müssen also glauben noch seeliger    
  16 darinn zu werden.    
         
  17 Die Römisch Catholische Kirche verbietet das Bibellesen dem gemeinen    
  18 Mann also auch die Übersetzung in die Landessprache. Die    
  19 Protestanten sagen forschet in der Schrift selbst aber ihr müßt nichts    
  20 anderes darin finden als was wir darin finden. Liebe Leute sagt mir    
  21 also was ihr darin fandet so darf ich die Bibel nicht lesen.    
         
  22 Die Römisch Catholische Kirche sagt es müsse ein von Gott constituirter    
  23 Ausleger der Bibel in strittigen Fällen seyn - die Protestanten    
  24 glauben der h. Geist werde sie in den wahren sinn leiten ein jeder hat    
  25 aber eine andere Eingebung.    
         
  26 Die Catholiken sagen vermöge ihres Verdammungsurtheils um    
  27 Menschen zu retten compellite intrare extra ecclesiam etc. die Protestanten    
  28 rühmen sich der Freyheit und unterwerfen sich doch Religionsedicten.    
         
  29 Die Römisch Catholische Kirche macht aus der Messe ein Sühnopfer    
  30 die Protestanten ein Gnadenmittel die Reformirten durch besondere    
  31 darauf gesetzte Gnade.    
         
  32 Es ist also protestatio facto contraria durch welche die Abtrünnige    
  33 von der Catholischen Kirche sich wieder dieser ihre Ansprüche verwahren    
  34 und daher ohne rechtliche Folge. Sie mögen also nur immer zur Heerde    
  35 und deren Oberhirten zurückkehren von denen sie sich verirrt haben.    
  36 Überdem ist die Inconseqvenz in der Denkungsart die Ursache einer unvermeidlichen    
  37 Veränderlichkeit in Glaubenssätzen und Trennung in Sekten.    
         
         
     

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