Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zu Zum Ewigen ... , Seite 171 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
Verknüpfungen:
|
|
||||
01 | Die Idee des Völkerrechts setzt voraus daß es verschiedene benachbarte | ||||||
02 | Staaten gebe die von einander getrennt wegen ihrer Rechte in | ||||||
03 | Streit mit einander kommen können denn selbst dieser Zustand der | ||||||
04 | Zwietracht ist doch besser als die Eintracht welche aus dem Zusammenschmeltzen | ||||||
05 | vieler Staaten in einen großen der Universalmonarchie die | ||||||
06 | mehrmalen ist versucht worden aber keinen Bestand haben kann weil | ||||||
07 | das Vermögen der Regierung nach Gesetzen nur desto schwächer wird | ||||||
08 | je mehr die zu regierende Menge zunimmt und so der Despotism in eine | ||||||
09 | sich selbst zerstöhrende Anarchie ausschlägt. - ein jeder noch so kleine | ||||||
10 | Staat ist immer bestrebt sich als den Mittelpunkt der Erweiterung über | ||||||
11 | alle andere anzusehen die Natur aber will daß dieses doch ohne Vermengung | ||||||
12 | geschehe so wie eine Menge Kieselsteine auf die ruhige Oberfläche | ||||||
13 | des Wassers geworfen jeder von seiner Stelle aus seine kreisförmige | ||||||
14 | Wellen (oder eine) in unabsehliche ausbreitet die sich zwar | ||||||
15 | regelmäßig durchkreutzen aber nicht vermischen. Zu dem Ende nämlich | ||||||
16 | diese Absonderung zu bewirken hat sie sich jener Mittel bedient der Verschiedenheit | ||||||
17 | der Sprachen und der Religionen. | ||||||
18 | Sprach- und Religionsunterschied lassen Staaten nicht zusammenfließen. | ||||||
19 | - wer weiß welche Macht noch im Hintergrunde liegt. Berittene | ||||||
20 | Nomaden haben gesittete Völker aus ihren Sitzen vertrieben. | ||||||
21 | Vom Blutverbot wieder das Jagdtleben (Hirten, Acker und Fischervölker) | ||||||
22 | - Von sich dazwischen drängenden welche Samojeden und Finnen | ||||||
23 | von einander trennten. | ||||||
24 | Daß die Natur von selbst zum letzten Zwecke so zusammenstimme | ||||||
25 | als ob dieser nach moralischen Rechtsgesetzen bestimmt wäre. - Denn | ||||||
26 | die Cultur ist, wenn die Menschen durch die Natur neben einander zu | ||||||
27 | seyn genöthigt werden natürlicherweise fortschreitend. - Die Fortschritte | ||||||
28 | derselben aber bringen unvermeidlich einen Wiederstreit in | ||||||
29 | den Absichten der Menschen hervor weil kein allgemeines Princip da | ||||||
30 | ist was Macht hätte ihre Bestrebungen einhellig zu machen (d. i. ohne | ||||||
31 | den moralischen Gesetzen angemessen zu seyn) und einer des anderen | ||||||
32 | Absicht vernichtet d. i. weil das Böse sich selbst immer im Wege ist. Also | ||||||
33 | stimmt die Natur negativ zu dem was das Rechtsgesetz vorschreibt zusammen | ||||||
34 | d. i. es zwingt zu einem Analogon der moralischen Gesetze | ||||||
35 | z. B. in Errichtung einer staatsbürgerlichen Gesellschaft, dem Völkerrecht. | ||||||
36 | - Drittens ist in der Natur auch eine positive aber zufällige Anordnung | ||||||
37 | der Zweckmäßigkeit ihrer eigenen Bestimmung nämlich so wie bey | ||||||
[ Seite 170 ] [ Seite 172 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |