Kant: AA XXIII, Vorarbeiten zu Zum Ewigen ... , Seite 164 |
|||||||
Zeile:
|
Text (Kant):
|
Verknüpfungen:
|
|
||||
01 | die zu dem besten Landrecht die Empfänglichkeit enthält beschaffen | ||||||
02 | seyn müßte können blos die Philosophen urtheilen. Der Jurist als ein | ||||||
03 | solcher (purus putus) hat der Natur der Sache nach große Antriebe dem | ||||||
04 | Philosophen seine Geschäfte gar zu wehren und das ist der so genannte | ||||||
05 | Streit zwischen der Theorie und Praxis und gründet sich auf Misverstand. | ||||||
06 | Der erste will den Gehorsam gegen Gesetze der bestehenden Verfassung | ||||||
07 | durch nichts geschwächt wissen selbst nicht dadurch daß man sie ungern | ||||||
08 | befolgt und wehret dem Philosophen seine Plane zur besten Verfassung. | ||||||
09 | Der zweyte wenn er seiner Absicht treu bleibt ist jenem in der Beobachtung | ||||||
10 | der Landesgesetze nicht entgegen verlangt aber Freyheit der | ||||||
11 | öffentlichen Meynung über die beste mögliche Verfassung darauf die | ||||||
12 | jetzige Gesetzgeber durch die Idee geleitet werden | ||||||
13 | An dem Unterschiede der Staatsform was die herrschende Person | ||||||
14 | betrifft ob die Gesetzgebende Gewalt Einer oder Mehrere oder alle im | ||||||
15 | Staat besitzen ist so viel nicht gelegen Denn das Gesetz muß wenn es | ||||||
16 | ein rechtlicher Grund der Pflichten sein soll in allen diesen Formen doch | ||||||
17 | als von dem allgemeinen Volkswillen ausgegangen betrachtet werden. | ||||||
18 | Desto mehr ist an der Regierungsart gelegen und um desto bedenklicher | ||||||
19 | ist sie auch wie nämlich dem die Ausübung dieser Gewalt anvertraut ist, | ||||||
20 | an das Gesetz gebunden werden könne dazu erstlich viel Urtheilskraft | ||||||
21 | gehört und weil er die oberste exekutive Gewalt über ihm keine höhere | ||||||
22 | stattfindet. Die Richterliche Autorität welche durch ihren Spruch den | ||||||
23 | gegebenen Fall der Regierung aus der allgemeinen Regel der Gesetzgebung | ||||||
24 | ableitet ist am meisten verwickelt. | ||||||
25 | Um die republikanische Verfassung in Vergleichung mit jeder | ||||||
26 | anderen kentlich zu machen muß ich anmerken daß die Verfassung | ||||||
27 | (constitutio) eines Staats (civitas) so fern sie dem Recht der Menschheit | ||||||
28 | angemessen sein will allerwerts auf eben denselben Principien (der | ||||||
29 | Freyheit und Gleichheit) gegründet d. i. ihrem Geiste nach republikanisch | ||||||
30 | seyn müsse deren Gegentheil die nicht nach jenen Principien | ||||||
31 | eingerichtet ist die despotische heißt. | ||||||
32 | Die bürgerliche Verfassung (constitutio civitatis) kan entweder | ||||||
33 | nach der Person (ob einer oder einige oder alle) welche die Oberste | ||||||
34 | Gewalt besitzt betrachtet werden (also Autokratie, Aristokratie, Demokratie | ||||||
35 | seyn) und durch welche das Volk beherrscht wird und da kan es | ||||||
[ Seite 163 ] [ Seite 165 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |