Kant: AA XXIII, Vorarbeit zu den Prolegomena zu einer ... , Seite 063

   
         
 

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  01 aber finde ich in der Recension kein Wort. Der Rec: verstand also nichts    
  02 von meiner Schrift und vielleicht auch nichts von dem Geiste und dem    
  03 Wesen der Metaphysik selbst, wofern nicht vielmehr, welches ich lieber    
  04 annehme, Recensenteneilfertigkeit über die Schwierigkeit, sich durch so    
  05 viel Hindernisse durchzuarbeiten, entrüstet, einen nachtheiligen Schatten    
  06 auf das vor ihm liegende Werk warf und es ihm in seinen Grundzügen    
  07 unkentlich machte.    
         
  08

Zweiter Bogen, 3. Seite

   
         
  09 Es fehlt noch sehr viel daran, daß eine gelehrte Zeitung, ihre Mitarbeiter    
  10 mögen auch mit noch so guter Wahl und Sorgfalt ausgesucht    
  11 werden ihr sonst verdientes Ansehen im Felde der Metaphysik, eben so    
  12 wie anderwerts, behaupten könne. Andere Wissenschaften und Kenntnisse    
  13 haben doch ihren Maaßtab. Mathematik hat ihn in sich selbst, Geschichte    
  14 und Theologie in weltlichen oder heiligen Büchern, Naturwissenschaft    
  15 und Arzneykunst, in Mathematik und Erfahrung, Rechtsgelehrsamkeit    
  16 in Gesetzbüchern und sogar Sachen des Geschmacks in Mustern der Alten.    
  17 Allein zur Beurtheilung des Dinges, was Metaphysik heißt, soll erst der    
  18 Maaßtab gefunden werden (ich habe einen Versuch gemacht ihn so wohl    
  19 als seinen Gebrauch zu bestimmen). Was ist nun, so lange, bis dieser ausgemittelt    
  20 wird, zu thun, wenn doch über Schriften dieser Art geurtheilt    
  21 werden muß? Sind sie von dogmatischer Art, so mag man es halten wie    
  22 man will; lange wird keiner über den Andern hierin den Meister spielen,    
  23 ohne daß sich einer findet, der es ihm wiedervergilt. Sind sie aber von    
  24 critischer Art und zwar nicht in Absicht auf andere Schriften, sondern auf    
  25 die Vernunft selbst, so daß der Maasstab der Beurtheilung nicht schon    
  26 angenommen werden kan, sondern allererst gesucht wird, so mag Einwendung    
  27 und Tadel zwar unverboten seyn, aber Verträglichkeit muß    
  28 dabey doch zum Grunde liegen, weil das Bedürfnis gemeinschaftlich    
  29 ist und der Mangel benöthigter Einsicht ein richterlich-entscheidendes    
  30 Ansehen unstatthaft macht.    
         
         
     

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