Kant: AA XX, Preisschrift über die ... , Seite 288

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 wenn sie nicht einmal an Gegenständen der Sinne, ihre Forderung      
  02 des Unbedingten betreffend, befriedigen kann, an einen Überschritt      
  03 zum Übersinnlichen, der doch ihren Endzweck ausmacht, gar nicht zu      
  04 denken war*).      
           
  05 Wenn wir nun in der aufsteigenden Reihe, vom Bedingten zu den      
  06 Bedingungen, in einem Weltganzen fortschreiten, um zum Unbedingten      
  07 zu gelangen: so finden sich folgende wahre, oder bloß scheinbare Widersprüche      
  08 der Vernunft mit ihr selbst im theoretisch-dogmatischen Erkenntniß      
  09 eines gegebenen Weltganzen vor. Erstlich nach mathematischen      
  10 Ideen der Zusammensetzung oder Theilung des Gleichartigen;      
  11 zweytens nach den dynamischen der Gründung der Existenz des Bedingten      
  12 auf die unbedingte Existenz.      
           
  13 [I. In Ansehung der extensiven Größe der Welt in Messung      
  14 derselben, d.i. der Hinzuthuung der gleichartigen und gleichen Einheit,      
  15 als des Maaßes, einen bestimmten Begriff von ihr zu bekommen, und      
  16 zwar a) von ihrer Raumes- und b) von ihrer Zeitgröße, so fern beyde      
  17 gegeben sind, die letzte also die verflossene Zeit ihrer Dauer messen soll,      
  18 von welchen beyden die Vernunft mit gleichem Grunde, daß sie unendlich,      
  19 und daß sie doch nicht unendlich, mithin endlich sey, behauptet. Der Beweis      
  20 aber von beyden kann — welches merkwürdig ist! — nicht direct, sondern      
  21 nur apagogisch d.i. durch Widerlegung des Gegentheils geführt werden.      
  22 Also      
           
  23 a) der Satz: Die Welt ist der Größe nach im Raum unendlich,      
  24 denn, wäre sie endlich, so würde sie durch den leeren Raum begrenzt      
  25 sein, der selbst unendlich, aber an sich nichts Existirendes ist, der aber      
  26 dennoch die Existenz von Etwas, als dem Gegenstande möglicher Wahrnehmung,      
  27 voraussetzte, nämlich der eines Raumes, der nichts Reales      
  28 enthält, und doch als die Grenze des Realen, d.i. als die bemerkliche letzte      
  29 Bedingung des im Raum an einander Grenzenden enthielte, welches      
  30 sich widerspricht; denn der leere Raum kann nicht wahrgenommen werden,      
  31 noch ein (spürbares) Daseyn bei sich führen. — b) Der Gegensatz: Die      
  32 Welt ist auch der verflossenen Zeit nach unendlich. Denn, hätte sie einen      
           
           
  33 *) Der Satz: Das Ganze aller Bedingung in Zeit und Raum ist unbedingt,      
  34 ist falsch. Denn wenn alles in Raum und Zeit bedingt ist (innerhalb), so ist kein      
  35 Ganzes derselben möglich. Die also, welche ein absolutes Ganze von lauter bedingten      
  36 Bedingungen annehmen, widersprechen sich selbst, sie mögen es als      
  37 begrenzt (endlich) oder unbegrenzt (unendlich) annehmen, und doch ist der Raum      
  38 als ein solches Ganze anzusehen, imgleichen die verflossene Zeit.      
           
           
           
     

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