Kant: AA XIX, Erläuterungen zu G. Achenwalls Iuris ... , Seite 591 |
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01 | das Volk sich dem Guten Willen ihrer Oberherrschaft überlassen, und jeder | ||||||
02 | Aufruhr kan als Ungerecht nicht gegen den fürsten sondern gegen das | ||||||
03 | Volksrecht überhaupt beurtheilt und im Nahmen des Volks bestraft werden, | ||||||
04 | weil dieses, da niemand ausser dem Fürsten befugt ist zu gebieten, durch | ||||||
05 | den Aufruhr in statum naturalem versetzt wird. --- Alles, was durch | ||||||
06 | Rottirung (per turbas) geschieht, ist dem Staatsrechte zuwieder. | ||||||
8044. ψ3--4? ω? J 185. |
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08 | Die Frage: wer soll Urtheilen bey einem gebrochenen pacto, kan leicht | ||||||
09 | beantwortet werden. Aber wer soll richten, d. i. rechtskräftig Urtheilen, | ||||||
10 | so daß Gehorsam aufgesagt wird? Das kan in England das parlament, | ||||||
11 | weil das schon gewalt hatte, aber keiner im Volk per turbas. | ||||||
8045. ψ3--4? ψ? J 185. |
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13 | Alle Staatsverbesserung durch revolution ist unrecht, weil der Grund | ||||||
14 | dazu nicht in den Rechten des vorhergehenden Zustandes liegt und also | ||||||
15 | zwischen diesem und dem folgenden ein status naturalis eintritt, da kein | ||||||
16 | äußeres Recht ist. -- Es ist eben so bey religionen. Man kan keinen noch | ||||||
17 | reformirt nennen sondern nur protestantisch gegen die Usurpation einer | ||||||
18 | Autorität über die Gewissen und ein Zustand der fortdauernden Arbeit | ||||||
19 | zu reformiren, welches Recht durch die freyheit bewirkt wird. | ||||||
8046. ψ3--4. J 185. 174. |
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21 | 185: Das Volk muß durchaus repräsentirt seyn und als ein solches | ||||||
22 | auch nicht allein Recht zum Wiederstande sondern auch Gewalt haben, damit | ||||||
23 | ohne Aufruhr es seine freyheit recuperiren und dem Regenten den | ||||||
24 | Gehorsam versagen könne. | ||||||
25 | Eigentlich muß es so heißen: das Volk muß keinen Augenblik aufhören, | ||||||
26 | ein Ganzes zu machen, denn sonst geschieht alles per turbas, d. i. | ||||||
27 | durch usurpirte Gewalt, die auf jemanden nicht rechtlich übertragen werden. | ||||||
28 | Also muß es repräsentirt worden seyn, wenn es sich gesetzlich absondern | ||||||
29 | und wiederstehen kan. | ||||||
30 | Es kan sich zutragen, daß, wenn ein Staat seine Regirungsart änderte, | ||||||
31 | er so fort seinen Nachbarn zu schwach seyn würde. Der große Haufe hat | ||||||
32 | hier keine Stimme, denn dem ist es einerley, wem er angehört, aber der | ||||||
33 | Staat will sich erhalten und muß sich erhalten. vid. p. 174. | ||||||
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