Kant: AA XIX, Erläuterungen zu A. G. Baumgartens ... , Seite 201 |
|||||||
Zeile:
|
Text:
|
|
|
||||
6901. υ. Pr XI'. |
|||||||
02 | Man kan sich in Ansehung der Begriffe communiciren, aber nicht in | ||||||
03 | Ansehung der Empfindungen. Wenn wir eine Ungerechtigkeit einem andern | ||||||
04 | verständlich gemacht haben, so finden wir, daß er sie Zwar erkennt und | ||||||
05 | misbilligt, aber nicht verabscheuet. Dieses letztere suchen wir ihm durch | ||||||
06 | Heftigkeit oder Bitterkeit mitzutheilen. Es hat aber oft in Unterredungen | ||||||
07 | etwas unangenehmes, da die politesse erfodert, daß ich mit meinen Empfindungen | ||||||
08 | eines andern Rat temperament nicht stöhre, sondern einen jeden | ||||||
09 | etwas aufnehmen lasse, wie er will. | ||||||
6902. υ. Pr XI'. |
|||||||
11 | Man muß nicht allein das moralische Gefühl nicht als ein principium | ||||||
12 | citiren, sondern auch keine moralischen Gründe gleichsam der Entscheidung | ||||||
13 | des Gefühls überlassen, e. g. Selbstmord. auch so gar nicht die Bewegungsgründe | ||||||
14 | aufs Gefühl Gründen, e. g. Mitleiden, Abscheu. Denn das Gefühl | ||||||
15 | hat keine Regel, ist auch wandelbar und wetterwendisch. | ||||||
6903. υ. Pr XI'. |
|||||||
17 | Unter allen Abweichungen von der natürlichen Beurtheilung und | ||||||
18 | bewegenden Kraft der sitten ist die schädlichste, da man die lehre der sitten | ||||||
19 | in eine lehre der religion verwandelt oder auf religion gründet. Denn da | ||||||
20 | verläßt der Mensch die wahre moralische Gesinnungen, sucht die Göttliche | ||||||
21 | Gunst zu gewinnen, abzudienen oder zu erschleichen und läßt allen Keim | ||||||
22 | des Guten unter den maximen der furcht ersterben. | ||||||
6904. υ. Pr XI'. |
|||||||
24 | Das Reich Gottes auf Erden ist ein ideal, welches in dem Verstande | ||||||
25 | desienigen eine bewegende Kraft hat, der sittlich gut seyn will. | ||||||
6905. υ? κ? Pr XII'. |
|||||||
27 | Der souverain hat keinen credit wegen der Macht. Er stellt daher | ||||||
28 | jederzeit einen Gewahrsman, den man belangen und zwingen kan, und | ||||||
29 | da er selbst richter ist, so werden die Sachen von dazu vereideten collegien | ||||||
30 | entschieden. Ein aufgehoben privilegium muß die provintz bezahlen. Eine | ||||||
[ Seite 200 ] [ Seite 202 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
|||||||