Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 626 |
||||||||||
Zeile:
|
Text:
|
|
|
|||||||
| 01 | Also läuft die Moral durch die speculative Vernunft ohne Critik Gefahr. | |||||||||
| 02 | Aber selbst hier würde doch die Macht der Moralischen Gesinung die speculation | |||||||||
| 03 | überwiegen können. Aber dieselbe practische Vernunft nothigt | |||||||||
| 04 | uns, jene Gesetze als Gottliche Gebote anzunehmen, weil sie sonst ohne | |||||||||
| 05 | den Gesetzlichen Effect wären und der Naturlauf als princip practischer | |||||||||
| 06 | Gesetze, so fern sie auf eigne Glükseeligkeit gingen, dem Naturlauf in Beziehung | |||||||||
| 07 | auf moralische garnicht correspondiren würde. Also muß ich mir | |||||||||
| 08 | einen Gott denken und ihn annehmen, aber ich kan sein Daseyn nicht beweisen | |||||||||
| 09 | und ihn nicht begreifen. | |||||||||
| 10 | S. II: | |||||||||
| 11 | Nun wird es interessant, die Bedingungen des uns möglichen Erkentnisses | |||||||||
| 12 | der Dinge nicht zu Bedingungen der Moglichkeit der Sachen | |||||||||
| 13 | zu machen; denn thun wir dieses, so wird Freyheit aufgehoben (g und ) | |||||||||
| 14 | Unsterblichkeit, und wir können von Gott keine andere als wiedersprechende | |||||||||
| 15 | Begriffe bekommen. Dieses nöthigt nun, die Moglichkeit, den Umfang | |||||||||
| 16 | und die Grentzen unsers speculativen ErkenntnisVermögens genau zu | |||||||||
| 17 | bestimmen, damit sich nicht epicurische Philosophie des ganzen Vernunftfeldes | |||||||||
| 18 | bemächtige und Moral und religion zu Grunde richte. oder wenigstens | |||||||||
| 19 | die Menschen nicht inconseqvent mache. | |||||||||
| 20 | Uberdem sind Raum und Zeit so nothwendige Bestimmungen a priori | |||||||||
| 21 | der Existenz der Dinge, daß sie nicht allein sammt allen ihnen anhängigen | |||||||||
| 22 | Folgen der Eingeschranktheit Bedingungen der Gott Existenz der Gottheit, | |||||||||
| 23 | sondern wegen ihrer Unendlichkeit, absoluten nothwendigkeit und | |||||||||
| 24 | Nothwendigkeit gar zu göttlichen Eigenschaften werden müßten, | |||||||||
| 25 | wären sie Bestimmungen der Dinge an sich selbst. Denn hat man sie einmal | |||||||||
| 26 | dazu gemacht, so ist kein Grund, warum man sie blos auf endliche | |||||||||
| 27 | Wesen einschränken solle. Die Theologie, damit sie sich nicht selbst wiederspreche, | |||||||||
| 28 | sieht sich genothigt, beyde nur zu der Form unserer Sinlichkeit | |||||||||
| 29 | zu machen und allen Dingen, die von uns erkannt werden konnen, als | |||||||||
| 30 | Phaenomenen, Noumena, die wir nicht kennen, in Ansehung deren aber | |||||||||
| 31 | das Unbedingte allein stattfindet, unterzulegen. Da nun der Streit | |||||||||
| 32 | zwischen den Principien des Unbedingten in der Synthesis und den Principien | |||||||||
| 33 | des in Raum und Zeit Bedingten schle, mithin die Antinomie der | |||||||||
| [ Seite 625 ] [ Seite 627 ] [ Inhaltsverzeichnis ] |
||||||||||