Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 625 |
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01 | klein ist, aber nicht als Schadlichkeit. Daher es unmoglich ist, daß Tugend | |||||||||
02 | das Mittel zwischen zwey (dem grad nach entgegengesetzten) Lastern sey. | |||||||||
03 | Denn das Verschwindende Laster ist unschuld. | |||||||||
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05 | Wir haben Erkentnisse a priori, welche wir ohne die Erfahrung erweitern. | |||||||||
06 | es frägt sich, ob wir sie auch über die Erfahrung (g und ihre | |||||||||
07 | Gegenstände ) erweitern können. Wenn wir das letztere versuchen, so können | |||||||||
08 | wir nicht durch Erfarung unsere Irrthümer entdecken, weil und Moglichkeiten, | |||||||||
09 | was zu denken, bleiben immer auch ohne realitaet. Ferner: wir | |||||||||
10 | können selbst bey den nothwendig scheinenden Sätzen die obiective Nothwendigkeit | |||||||||
11 | der Sätze von der subjectiven Nothwendigkeit, sich die objecte | |||||||||
12 | nach der besonderen Natur unserer Erkenntniskräfte so und nichts anders | |||||||||
13 | in Ansehung gegebener Folgen zu denken, nicht unterscheiden ohne eine | |||||||||
14 | Critik der Vernunft. — Aber an allem diesem ist nichts gelegen; denn | |||||||||
15 | haben wir geirret, so ist das blos das Verfehlen einer Absicht auf Speculative | |||||||||
16 | Erkentnis, wodurch wir uns über die Grenze möglicher Erfahrung | |||||||||
17 | ausdehnen wollen. Wir können allenfalls irren, wenn wir sagen: die | |||||||||
18 | Objecte sind wirklich so, z.B. der Oberste Urgrund der Dinge ein Verstandiges | |||||||||
19 | Wesen, weil wir nach der Beschaffenheit unseres Erkentnis Vermögens | |||||||||
20 | die phaenomene nicht anders uns begreiflich machen können; aber | |||||||||
21 | das ist von keinen nachtheiligen folgen. — Aber es ist in uns eine Eigenschaft | |||||||||
22 | oder die Vernunft legt sie uns bey als practisches Wesen, welche | |||||||||
23 | gänzlich von den Natureigenschaften und deren Gesetze ganz von Naturgesetzen | |||||||||
24 | unterschieden (g sind ), ja so gar durch diese wiedersprochen werden: | |||||||||
25 | die Freyheit und unter diesem Begriffe das Gesetz der Sittlichkeit bey | |||||||||
26 | der unserer Naturunabhangigkeit. Hier haben wir nun Zwey a priori | |||||||||
27 | gewisse Gesetze, die in demselben Subjecte einander wiedersprechen, wenn | |||||||||
28 | ich das Subject in den theoretischen Principien nach in derselben Bedeutung | |||||||||
29 | mir vorstelle. Hiedurch werde ich genöthigt, mein eignes Subject | |||||||||
30 | als Object der Sinne und (g zugleich ) der Vernunft auf zwey Verschiedene | |||||||||
31 | Art existirend zu denken: 1. als Gegenstand der Sinne, 2. Als ein Wesen, | |||||||||
32 | welches sofern es gar nicht Gegenstand der Sinne ist. Dieses Nothigt | |||||||||
33 | mich zur Critik der Sinnlichkeit. Aber das würde auch nichts machen, | |||||||||
34 | wäre der Empirism und praedeterminism nicht aller Sittlichkeit zuwider. | |||||||||
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