Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 480 |
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| 6176. ψ3-4. M 395'. |
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| 04 | Das hochste Gut ist nicht ein (g als ) aggregat einzelner absichten, | |||||||||
| 05 | sondern als System der Zweke aus einer Idee abgeleitet anzusehen. Denn | |||||||||
| 06 | ohne das erstere vom letzten abzuleiten, ist keine Einheit der Absicht moglich, | |||||||||
| 07 | z.B. Uhr. In einem System der Zweke ist die Ubereinstimung zum | |||||||||
| 08 | Zweke nur dadurch möglich, daß dasjenige, wodurch sie zu der Absicht zusammen | |||||||||
| 09 | stimmen, von der Idee des Endzweks abgeleitet wird, worin sie | |||||||||
| 10 | aber zur absicht nicht beytragen, nur dahin eingeschränkt wird, daß es die | |||||||||
| 11 | absicht nicht hindere. Also kan nicht jeder Theil absicht seyn. | |||||||||
| 12 | Man kan zwar sagen: qvicqvid valet i n genere (g omnibus ), valet | |||||||||
| 13 | etiam in specie, aber nicht: qvicqvid valet de genere (g toto ) etc. etc. Denn | |||||||||
| 14 | Was allem zu einer Gattung gehörigen zukommt etc. etc., aber nicht: was der | |||||||||
| 15 | gattung im ganzen Zukommt etc. etc. Alle Menschen sterben, aber die | |||||||||
| 16 | Gattung stirbt nicht. Die besondere Vorsehung würde die seyn, | |||||||||
| 17 | da in die Schopfung schon jede Begebenheit als Mittel oder Zwek | |||||||||
| 18 | mit Absciht vorbestimmt wäre. Alsdenn müßte man entweder annehmen, | |||||||||
| 19 | daß die allgemeine Naturordnung nach allgemeinen gesetzen nothwendiger | |||||||||
| 20 | weise auf solche Erfolge führete, die auch, wenn man sie auch ausser diesem | |||||||||
| 21 | nexu betrachtet, doch für sich selbst schon im nexu der Zwecke nothwendig | |||||||||
| 22 | gewesen wären. Allein alsdenn hatte man auch nicht nothig, zur obersten | |||||||||
| 23 | Ursache ein Verständiges Wesen, sondern nur eine causam brutam anzunehmen. | |||||||||
| 24 | Also, wenn die Naturordnung nicht jede Begebenheit als Zwek | |||||||||
| 25 | oder Mittel darstellen kan, so ist die specielle providentz nur durch übernatürliche | |||||||||
| 26 | Wirkungen moglich und, da sie in der Schopfung schon liegen, | |||||||||
| 27 | miraculum praestabilitum. | |||||||||
| 28 | Es steht alles auch unter der besondern Vorsehung, aber es geschieht | |||||||||
| 29 | nicht alles dadurch. | |||||||||
6177. ψ3-4. M 395'. |
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| 31 | Wenn die Vorsehung als die allerspecielleste in der Absicht angesehen | |||||||||
| 32 | wird, d.i. daß alle Begebenheiten durch die Gottliche besondere Vorsehung | |||||||||
| 33 | geschehen, so kan sie nicht als generalis (wohl aber als universalis) angesehen | |||||||||
| 34 | werden; d.i. die Begebneheiten Die kan nicht aufs Ganze zuerst und | |||||||||
| 35 | vorzüglich gerichtet seyn und nur in Beziehung darauf bestimt seyn. Denn | |||||||||
| 36 | dieses ist nur durch eine Naturordnung moglich (nach unsern Begriffen). | |||||||||
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