Kant: AA XVIII, Metaphysik Zweiter Theil , Seite 458

     
           
 

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  01 und wollen, es soll dieselbe Regel für Dinge ausser einer Gewisen Gattung      
  02 gelten, die für Dinge dieser Gattung gelten mag, zu geschweigen, daß      
  03 kein auf keine Warscheinlichkeit einen Schlus von einer eingeschrankten      
  04 Wirkung auf eine uneingeschrankte Ursache berechtigen kan und daß, wenn      
  05 man nicht ein höchstes Wesen beweisen kan, jedes anderen Daseyn zu beweisen      
  06 ohne Nutzen ist.      
           
  07 Aber wir haben subiective Gründe so wohl des the speculativen als      
  08 practischen Gebrauchs unserer Vernunft, ein solches Daseyn vorauszusetzen,      
  09 weil wir ohne das keine Befriedigung für unsere Vernunft, auch      
  10 keine M 377: durchgangige Einheit derselben möglich finden. Vornemlich      
  11 haben die practische Gesetze, die doch obiectiv nothwendig sind, keine subiective      
  12 Kraft ohne jene voraussetzung. Also haben wir gnug zum Vernünftigen      
  13 Glauben, ja so gar zu ihm als einer nothwendigen Voraussetzung;      
  14 denn in der speculativen philosophie ist es nicht nothwendig, daß      
  15 ich den Ursprung der Natur zu erklären (g Es ist keine obiective Nothwendigkeit      
  16 zu speculiren, aber wohl dem moralischen Gesetze zu gehorchen )      
  17 versuche; aber moralische Gesetze muß ich anerkennen, mithin auch als      
  18 unvermeidliche Hypothese das Voraussetzen, ohne welches moralische Gesetze      
  19 für vernünftige Wesen keine verbindende Kraft haben würden.      
           
   

 

6111.   ψ2.   M 378.
 
     
  21 Das pragmatische interesse aus dem princip der Glükseeligkeit als      
  22 einem subiectiv allgemeinen Zek macht den Glauben an Gott nur zur      
  23 Hypothese; das moralische aus dem princip des systems aller Zweke als      
  24 dem ver obiectiv nothwendigen Endzwek vernünftiger Wesen macht daraus      
  25 ein postulat, d.i. eine schlechterdings nothwendige Voraussetzung      
  26 der reinen Vernunft. Gott als das höchste Gu selbständige Gut, in      
  27 welchem die moralitaet als das hochste formale Gut allein realitaet haben,      
  28 d.i. ein Grund der Existenz einer intelligibeln Welt, d.i. der eines Reichs      
  29 der Zweke werden kan.      
           
  30 Die Glükseeligkeit als eine folge der moralitaet gehort zu ihr als ein      
  31 corollarium de und ihrer transscendentalen Warheit; aber als ein Grund      
  32 derselben hebt er sie auf.      
           
     

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