Kant: AA XVII, Reflexionen zur Metaphysik. , Seite 363

     
           
 

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  01 hat entweder analytische principia ohne alle Erfahrungsaxiomen oder      
  02 synthetische. Die erstere besteht beruhet auf allgemeinen Urtheilen nach      
  03 der Regel der identitaet und auf der unterordnung des besonderen unter      
  04 das allgemeine. Also die allgemein gültige Regeln des Verstandes und      
  05 Willens, folglich Logica et Moralis pura. Die zweyte hat zum obiect      
  06 das allgemeinste des äusseren und inneren Sinnes und enthält also die      
  07 reine Vernunftgründe, zu denen alle Naturwissenschaften des äußeren      
  08 und inneren Sinnes konnen gebracht werden.      
           
   

 

3953.   κ1.   M XXXXVI.
 
     
  10 Die Grundsätze des Raumes sind obiectiv; aber, ob ein Ding im      
  11 Raume sey oder nicht, ist subiectiv, weil der Begrif des Raumes nicht      
  12 obiectiv ist.      
           
   

 

3954.   κ1.   M XXXXVI.   E II 921. 1017II.
 
     
  14 Ein Hauptfehler entspringt daher, wenn man das genus mit allen      
  15 individuis vergleicht vermengt und dasienige als eine Folge nach Begriffen      
  16 ansieht, was nur eine gesetzmäßige Erscheinung vor das unmittelbare      
  17 Anschauen ist. Daher ist der Grund nichts obiectives. Was wir      
  18 einen (g real ) grund nennen, ist nur eine concomitante Erscheinung vor      
  19 den intuitiven Begriff. Und das, Was wir Vernunft nennen, imgleichen      
  20 alle deren reine Begriffe, da wir vom allgemeinen aufs Besondere schließen,      
  21 haben ihre realitaet, vornemlich in ansehung ihrer Grundbegriffe, nur      
  22 dadurch, daß sie in den Dingen liegen und von ihnen abgesondert werden      
  23 können. Demnach ist unsere Vernunft nur eine Ergentzung des Mangels      
  24 des intuitus.      
           
  25 Wenn ich also sage: ein Grundsatz ist subiectiv, d.i. er enthält die      
  26 conditiones, unter denen wir allein durch unsere Vernunft nach Erfahrungsgesetzen      
  27 urtheilen können, so bedeutet dieses nicht, daß unsere      
  28 Vernunft dieses Gesetz an den obiecten annehemen müsse; denn es geht      
  29 gar nicht auf dieselbe; man kan also weder sagen, es sey falsch oder wahr.      
           
     

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