Kant: AA XII, Briefwechsel 1796 , Seite 091

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 ich habe diese Gelegenheit nicht versäumen wollen, um      
  02 Ihnen Nachricht von meinem Befinden zu geben, es geht mir in so      
  03 weit recht wohl, ich sezze das Hobeln fort und werde es so lange      
  04 fortsezzen, bis ich in den Stand gesezt werde, das zu seyn, was ich      
  05 so sehnlichst wünsche, nemlich ein Bauer, der mit seiner Hände Arbeit      
  06 den Lebensunterhalt sich selbst schaft, ob ich je dieses Ziel erreichen      
  07 werde, weiß ich nicht, ich bin auch in dieser Hinsicht nicht unruhig,      
  08 denn ich bin überzeugt, daß meine Schiksale in der Hand eines      
  09 weisen Weltregierers stehen, der unsre Verhältniße unserer Moralität      
  10 angemeßen einrichtet. Ihre Tugendlehre habe ich gelesen und mancher      
  11 Zweifel, den ich mir bis dahin nicht habe lösen können, ist gehoben;      
  12 der Himmel schenke Ihnen fortdauernde Gesundheit, damit die Menschheit      
  13 in mehrerer Hinsicht von Ihnen könnte belehrt werden.      
           
  14 Um die Fortdauer Ihrer Freundschaft bitte ich und bin mit      
  15 wahrer Achtung      
           
  16   Ihr      
  17   aufrichtiger Freund      
  18   und Diener      
  19 Berlin den 28ten August Hahnrieder.      
  20 1796.        
           
           
    713.      
  22 Von Friedrich August Hahnrieder.      
           
  23 Berlin den 20 ten Sept.      
           
  24 1796.      
           
  25 Achtungswürdiger Mann!      
  26 Die Ungewisheit der Entwikkelung meines Schiksals ist die      
  27 eigentliche Ursache der Verzögerung eines Schreibens, ich wollte mir      
  28 die Freiheit, Denenselben zu schreiben, nicht eher zu Nuzze machen,      
  29 als bis ich im Stande wäre, eine gänzliche Schilderung aller gehabten      
  30 Fatalitäten zu liefern, izt ist mein Schiksal entschieden, und      
  31 ich eile Ihnen davon getreue Nachrichten zu liefern. Sobald das      
  32 Schiff aus Königsberg ausgelaufen war, veränderte sich der Wind,      
  33 wir mußten vor Fischhof zu Anker gehen, dieses begegnete uns noch      
  34 einmal auf dem Haf, nicht eher als in ohngefähr drei Tagen kamen      
  35 wir nach Pillau, woselbst, widrigen Windes wegen, wir acht Tage      
           
     

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