Kant: AA XI, Briefwechsel 1794 , Seite 490 |
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618. | |||||||
02 | Von Iohann Erich Biester. | ||||||
03 | 4. März 1794. | ||||||
04 | Sie konnten wohl nur vermuthen, mein Verehrungswürdiger | ||||||
05 | Freund, daß ich Ihre treflichen Beiträge nicht mehr zu erhalten | ||||||
06 | wünschte, wenn ich durch einen Umstand veranlaßt wurde, die Berl. | ||||||
07 | Monatsschrift ganz aufzugeben. Sollte dies aber je der Fall sein, so | ||||||
08 | würde ich meiner Schuldigkeit gemäß, eilen, die gütigen Freunde, | ||||||
09 | welche mich unterstützen, davon zu benachrichtigen; und gewiß vor allen | ||||||
10 | Dingen Sie. Bei der letzten Absendung drängten mich verschiedene | ||||||
11 | Geschäfte; und da in dem Quartale vom Oktob.-Dezember kein Aufsatz | ||||||
12 | von Ihnen gedruckt war, so hielt ich es mir für erlaubt, diesmal | ||||||
13 | bloß die Stücke ohne einen Brief von mir einzupacken. Recht herzlich | ||||||
14 | bitte ich Sie aber um Verzeihung, wenn ich Ihnen dadurch auch nur | ||||||
15 | eine Stunde Verlegenheit oder unangenehme Empfindung verursacht | ||||||
16 | habe. Daß dies meine Absicht nicht gewesen ist, noch hat sein können, | ||||||
17 | werden Sie mir gewiß glauben, u. mir also nichts von Ihrer gütigen | ||||||
18 | Freundschaft entziehen. | ||||||
19 | Ihr letzter sachreicher Aufsatz im Septemb. beschäftigt noch immer | ||||||
20 | manche Köpfe u. Federn. Ich selbst habe es gewagt, in einer kleinen | ||||||
21 | Numer, welche ich gegen Hr Zimmermann in Braunschweig schrieb | ||||||
22 | (Novemb. Nr. 6) mich darauf zu beziehen, und einigermaßen bei dieser | ||||||
23 | Gelegenheit, soviel es sich dabei thun ließ, das auszudrücken was ich | ||||||
24 | über den Aufsatz und über den Verfasser denke. - Die Abhandlung | ||||||
25 | des Hrn Kriegsrath Genz im Dez. werden Sie itzt gelesen haben. Aufrichtig | ||||||
26 | gesagt, scheint er mir und mehrern Beurtheilern, die ich bis itzt | ||||||
27 | darüber gehört habe, nicht tief eingedrungen zu sein, keine erhebliche | ||||||
28 | Bemerkung oder Anwendung gemacht zu haben. Ich kann dies um | ||||||
29 | so freier hier sagen, da ich es ihm selbst, als er mir das Manuskript | ||||||
30 | schickte, z. B. über seine Einwendung gegen Ihren so gerechten Tadel | ||||||
31 | der väterlichen Regierung im Gegensatz der vaterländischen, geschrieben | ||||||
32 | habe. Er hat indeß nicht für gut gefunden, diese Stelle zu | ||||||
33 | ändern, obgleich er es bei mehrern, welche ich ihm anzeigte, gethan | ||||||
34 | hat. Ein Hauptzusatz zu Ihrer Abhandlung wäre die Bemerkung von | ||||||
35 | Genz über die Konstitution, welche uns nehmlich von dem freilich | ||||||
36 | nicht rechtmäßigen, aber doch auch nicht mit Gewalt zu hindernden | ||||||
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