Kant: AA XI, Briefwechsel 1793 , Seite 441

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
    584.      
  02 An Iacob Sigismund Beck.      
           
  03   Königsberg den 18ten Aug.      
  04   1793.      
           
  05 Ich übersende Ihnen, werthester Mann! hiemit, meinem Versprechen      
  06 gemäß, die vordem zur Vorrede für die Critik der U. Kr. bestimmte,      
  07 nachher, aber ihrer Weitläuftigkeit wegen, verworfene Abhandlung,      
  08 um nach Ihrem Gutbefinden, Eines oder das Andere daraus,      
  09 für Ihren concentrirten Auszug aus jenem Buche zu benutzen - zusammt      
  10 dem mir durch Herrn Hofprediger Schultz zugestellten Probestück      
  11 desselben.      
           
  12 Das Wesentliche jener Vorrede (welches etwa bis zur Hälfte des      
  13 Mspts reichen möchte) geht auf die besondere und seltsame Voraussetzung      
  14 unserer Vernunft; daß die Natur in der Mannigfaltigkeit ihrer      
  15 Producte, eine Accommodation zu den Schranken unserer Urtheilskraft,      
  16 durch Einfalt und spürbare Einheit ihrer Gesetze, und Darstellung der      
  17 unendlichen Verschiedenheit ihrer Arten ( species ), nach einem gewissen      
  18 Gesetz der Stetigkeit, welches uns die Verknüpfung derselben, unter      
  19 wenig Gattungsbegriffe, möglich macht, gleichsam willkührlich und als      
  20 Zweck für unsere Fassungskraft beliebt habe, nicht weil wir diese      
  21 Zweckmäßigkeit, als an sich nothwendig erkennen, sondern ihrer bedürftig,      
  22 und so auch a priori anzunehmen und zu gebrauchen berechtigt sind,      
  23 so weit wir damit auslangen können. - Mich werden Sie freundschaflich      
  24 entschuldigen, wenn ich bey meinem Alter, uud manchen sich      
  25 durchkreuzenden vielen Beschäftigungen, auf das mir mitgetheilte Probestück,      
  26 die Aufmerksamkeit nicht habe wenden können, die nöthig gewesen      
  27 wäre, um ein gegründetes Urtheil darüber zu fällen. Ich kann aber      
  28 hierüber Ihrem eigenen Prüfungsgeiste schon vertrauen - Übrigens      
  29 verbleibe ich in allen Fällen, wo ich Ihren guten Wünschen mein      
  30 ganzes Vermögen leihen kann,      
           
  31   Ihr      
  32   dienstwilligster      
  33   I. Kant      
           
           
           
     

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