Kant: AA XI, Briefwechsel 1791 , Seite 294 |
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Text (Kant):
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| 01 | Geschäfte seyn, weil Sie mir erlauben, meine Bedenklichkeiten, | ||||||
| 02 | grade Ihnen vorzulegen. Die Kritick d. r. V. habe ich mit dem | ||||||
| 03 | herzlichsten Interesse studirt, und ich bin von ihr wie von mathematischen | ||||||
| 04 | Sätzen überzeugt. Die Kritick der practischen Vernunft ist | ||||||
| 05 | seit ihrer Erscheinung meine Bibel. Aber ich wünsche jetzt nicht so | ||||||
| 06 | viel, Ihnen geschrieben zu haben, um einige mir vorkommende Schwierigkeiten, | ||||||
| 07 | welche jedoch die eigentliche Moral betreffen, Ihnen vorlegen | ||||||
| 08 | zu können. | ||||||
| 09 | An Herrn Pr. Kraus bitte ich inliegenden Brief abzugeben. Vor | ||||||
| 10 | allen Dingen habe ich diesem vortrefflichen Mann die Ursache angeben | ||||||
| 11 | müssen, warum ich schriftstellern will. Aber Sie habe ich noch | ||||||
| 12 | ganz vorzüglich zu ersuchen ihn zu bitten, daß er mir deshalb nicht | ||||||
| 13 | böse seyn wolle. Seinen Unwillen fürchte ich mehr als den Tadel der | ||||||
| 14 | Recensenten. | ||||||
| 15 | Da Sie so gütig sind zu verlangen, daß ich meinen Brief nicht | ||||||
| 16 | frankire, so thue ich es, auch diesesmahl nicht. Da jedoch ich künftig | ||||||
| 17 | was verdienen werde, so bitte ich für die Zukunft mir das Porto | ||||||
| 18 | tragen zu lassen. Ich bin mit der herzlichsten Hochachtung | ||||||
| 19 | der Ihrige | ||||||
| 20 | Beck. | ||||||
| 490. | |||||||
| 22 | Von Carl Sigismund von Seidlitz. | ||||||
| 23 | Endersdorf den 12ten Octbr. 1791 | ||||||
| 24 | Wohlgebohrner Herr, | ||||||
| 25 | Verehrungswürdiger Herr Profeßor, | ||||||
| 26 | Ueberzeugt, daß ein Kant (verzeihen Sie, daß ich Sie so grade | ||||||
| 27 | weg bei Ihrem Namen nenne, allein er sagt mir so ungleich mehr, | ||||||
| 28 | als alle Tittel in der Wellt) kein Streben nach Wahrheit u: Aufschluß, | ||||||
| 29 | selbst wenn es auch mit einem ziemlich hohen Grade von Zudringlichkeit | ||||||
| 30 | verbunden seyn sollte, übel aufnehmen u: den lehrbegierigen | ||||||
| 31 | Iünger seiner Weißheit gantz unerbittlich wohl nicht von sich abweisen | ||||||
| 32 | kann, nehme ich mir nochmals u: nunmehr auch öffentlich in der beiliegenden | ||||||
| 33 | kleinen Schrift (welche ich mich Ihnen zuzueignen unterstanden | ||||||
| 34 | habe) meine Zuflucht in den Angelegenheiten meines Geistes | ||||||
| 35 | zu Ihnen - dem edlen u: weisen Mann, dem nunmehr der denkende | ||||||
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