Kant: AA XI, Briefwechsel 1790 , Seite 166 |
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01 | theil leer. - Im Iahr 1787 waren noch 27 Millionen Courant | ||||||
02 | im Schatz und jetzt ist auch nicht ein Heller davon mehr da, und man | ||||||
03 | hat in den GeneralMünzdirector von Seiten des Ministeriums gedrungen, | ||||||
04 | Courant zu schaffen, der sich nun in großer Verlegenheit | ||||||
05 | findet. Man sagt sich hier ins Ohr, die sogenannte Extraordinäre | ||||||
06 | Kasse auf die, wer weiß was für Anweisungen gegeben worden sind, | ||||||
07 | sei nichts anders als der Schatz gewesen. - Und überhaupt mag es | ||||||
08 | wohl ein politischer Kunstgrif des verstorbenen Königs gewesen sein, | ||||||
09 | von dem Schatz eine sehr große Meinung zu verbreiten, da Preußen | ||||||
10 | nur durch einen Schatz seine politische Existenz erhalten kann. | ||||||
11 | Widerspruch fand er an allen Orten. - Unter andern forderte der | ||||||
12 | König von ihm, daß er berechnen sollte, wie lange Preußen einen | ||||||
13 | Krieg aushalten könnte. Er schrieb, daß man ein Resultat von ihm | ||||||
14 | verlangte, wozu man ihm keine Data gegeben hätte, er könne dis nicht | ||||||
15 | eher, als bis man ihn in den Stand setzte, die Einkünfte aus jeder | ||||||
16 | Provinz und die Anzahl ihrer Einwohner zu wissen, um darnach die | ||||||
17 | Vertheilung zu machen; und stellen Sie sich vor - er erhält eine | ||||||
18 | Cabinetsordre vom Minister Wöllner geschrieben (der sogar seine Hand | ||||||
19 | nicht einmal verstellt hatte) in welcher ihm gesagt wird, er habe nicht | ||||||
20 | recht verstanden, er solle die Berechnung nur so einrichten, daß er | ||||||
21 | annähme, der Staat habe eine gewiße Anzahl Einwohner und eine gewiße | ||||||
22 | Summe Einkünfte und für diese berechnen, wie lange man den | ||||||
23 | Krieg führen könne, man werde alsdann schon das was man zu wissen | ||||||
24 | wünsche, selbst herausbringen. - Ferner waren in der Mobilmachungskommission | ||||||
25 | Leute, die recht gut den Militärdienst verstehen mögen, die | ||||||
26 | aber von den Finanzen gar nichts wissen, und doch wollte[n] diese nicht | ||||||
27 | blos Iaherren sein, daher widersprachen sie, so daß sehr oft eine und | ||||||
28 | dieselbe Ordre 10 bis 12 mal verändert wurde. - Endlich glaube | ||||||
29 | ich, hat der Minister auch darin einen Fehler begangen, daß er die | ||||||
30 | Getreideausfuhr erlaubte, das einzige worin er dem physiocratischen | ||||||
31 | System anhing. - Der Entschluß sich zu erschießen, wenn die Sache | ||||||
32 | nicht nach seinen Wünschen abliefe, ist von ihm schon 5 Wochen vor | ||||||
33 | seinem Tode gefaßt worden, das erhellet aus dem Umstande, daß er | ||||||
34 | so lange vorher sich Pistolen und Ladung hat geben laßen und sie in seinem | ||||||
35 | Schreibpult aufbewahrt hat. - Der Entschluß aber sich grade zu der | ||||||
36 | Zeit zu erschießen war augenblicklich; dis erhellet aus vielen Umständen, | ||||||
37 | die aber für diesen Brief zu weitläuftig sind, die ich also aufbewahren | ||||||
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