Kant: AA XI, Briefwechsel 1790 , Seite 167 |
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| 01 | werde, bis ich das Vergnügen genießen werde, den Herrn Professor | ||||||
| 02 | persönlich zu sprechen. - Sonderbar war es, daß er mit der Lorgnette | ||||||
| 03 | in der Hand vor dem Bildnisse des verstorbenen Königs sich erschossen | ||||||
| 04 | hat, das auch ganz mit Blut und Gehirn besprützt war. | ||||||
| 05 | Der König hat zwar auf die vom Geh. Rath von Segner erhaltene | ||||||
| 06 | Nachricht vom Tode des Ministers der Wittwe durch den Obristen | ||||||
| 07 | v. Geysau mündlich condoliren laßen, aber ihr bis jetzt auf ihren | ||||||
| 08 | Brief worin sie um eine Pension bittet, noch nicht geantwortet und | ||||||
| 09 | wird ihr auch wohl schwerlich antworten. Der Minister von SchulenburgKönern | ||||||
| 10 | hat die vacante Stelle erhalten, er hat aber folgende Bedingungen | ||||||
| 11 | (wie man sagt) gemacht. 1). daß er nur unter dem Könige | ||||||
| 12 | stehe 2). daß er das rückständige Ministergehalt, für die Iahre, da | ||||||
| 13 | er außer Diensten ist, d. i. 21,000 rthlr. erhalte 3). daß er seine | ||||||
| 14 | Stelle niederlege, wenn der Krieg geendigt ist. Der König hat ihm | ||||||
| 15 | überdis einen Krückstock des verstorbenen Königs, der 10,000 rthlr. | ||||||
| 16 | werth sein soll, geschenkt. | ||||||
| 17 | Ich werde wahrscheinlich nicht im Schulenburgschen Hause bleiben, | ||||||
| 18 | da jetzt dasselbe durch Weiber regiert wird, die nur nach Launen | ||||||
| 19 | handeln. Wie froh bin ich, daß mein Gehalt als Prinzenlehrer mich | ||||||
| 20 | vor Mangel sichert. Ich erhalte jährlich 300 rthlr., wovon ich nothdürftig | ||||||
| 21 | auskommen kann. | ||||||
| 22 | So eben erhalte ich durch HE. Nicolowius Ihre Abhandlung gegen | ||||||
| 23 | Eberhard als ein Geschenk Ihrer Güte. Ich darf es Ihnen wohl nicht | ||||||
| 24 | erst sagen, wie sehr ich durch alle Beweise Ihrer Güte gerührt bin, | ||||||
| 25 | es ist gewiß kein Mensch in der Welt, der Sie inniger liebt, inniger | ||||||
| 26 | schätzt als ich. | ||||||
| 27 | Ihrem verehrungswürdigen Freunde, dem HE. Prof. Krause empfehlen | ||||||
| 28 | Sie mich doch aufs beste. Seine Gesundheit ist doch vollkommen | ||||||
| 29 | wiederhergestellt? - Ich freue mich herzlich darauf ihn wiederzusehen; | ||||||
| 30 | denn so unangenehm mir der Vorfall mit dem Minister auch ist, so | ||||||
| 31 | soll mich doch nichts abhalten, innerhalb 8 Wochen nach Königsberg | ||||||
| 32 | zu reisen. | ||||||
| 33 | Ich bin mit der uneingeschränktesten Hochachtung | ||||||
| 34 | Ihr | ||||||
| 35 | aufrichtigster Verehrer | ||||||
| 36 | I. G. C. Kiesewetter. | ||||||
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