Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 046 |
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| 01 | S. 171, verstößt er so sehr wieder Leibnitzens wahre Meynung, als | ||||||
| 02 | gröblich wieder alle Mathematik. Nun kan man aus dem bey S. 163 | ||||||
| 03 | angemerkten über den Werth von dem, was er von S. 244 bis 56, | ||||||
| 04 | schreibt und der obiectiven Gültigkeit seines logischen Satzes vom | ||||||
| 05 | z. Grunde urtheilen. Er will S. 156 aus der subiectiven Nothwendigkeit | ||||||
| 06 | des Satzes vom z. Gr. (den er nunmehr als Princip der Caussalität versteht) | ||||||
| 07 | von den Vorstellungen, daraus er besteht und ihrer Verbindung | ||||||
| 08 | schließen: daß der Grund davon nicht blos im Subiect, sondern in den | ||||||
| 09 | Obiecten liegen müsse; wiewohl ich zweifelhaft bin ob ich ihn in dieser | ||||||
| 10 | verwirrten Stelle verstehe. Aber was hat er nöthig solche Umschweife zu | ||||||
| 11 | machen da er ihn aus dem Satze des Wiederspruchs abzuleiten vermeynt? | ||||||
| 12 | Ich weiß nicht ob ich in meinem vorigen Briefe von der (S. 272 | ||||||
| 13 | "Ich muß hier ein Beyspiel brauchen" bis S. 274 "keine Realität | ||||||
| 14 | haben?") seltsamen und gänzlich allen Streit mit diesem Manne aufzuheben | ||||||
| 15 | berechtigenden Misverstehung, oder Verdrehung, meiner Erklärung | ||||||
| 16 | der Vernunftideen, denen angemessen keine Anschauung gegeben | ||||||
| 17 | werden kan und überhaupt des Uebersinnlichen Erwähnung gethan | ||||||
| 18 | habe. Er giebt nämlich vor, der Begrif eines Tausendecks | ||||||
| 19 | sey dergleichen und gleichwohl könne man viel von ihm mathematisch | ||||||
| 20 | erkennen. Nun ist das eine so absurde Verkennung des Begrifs vom | ||||||
| 21 | Übersinnlichen, daß ein Kind sie bemerken kan. Denn es ist ja die | ||||||
| 22 | Rede von der Darstellung in einer uns möglichen Anschauung, nach | ||||||
| 23 | der Qvalität unserer Sinnlichkeit, der Grad derselben d.i. der | ||||||
| 24 | Einbildungskraft das Mannigfaltige zusammenzufassen, mag auch so | ||||||
| 25 | groß oder klein seyn wie er wolle, so daß wir, wenn uns auch etwas | ||||||
| 26 | für ein MillionEck gegeben wäre, und wir den Mangel einer einzigen | ||||||
| 27 | Seite geradezu beym ersten Anblicke bemerken könnten, diese | ||||||
| 28 | Vorstellung dadurch doch nicht aufhören würde sinnlich zu seyn und die | ||||||
| 29 | Möglichkeit der Darstellung des Begrifs von einem Tausendeck in der | ||||||
| 30 | Anschauung, die Möglichkeit dieses Obiects selbst in der Mathematik | ||||||
| 31 | allein begründen kan; wie denn die Construction desselben nach allen | ||||||
| 32 | seinen Reqvisiten vollständig vorgeschrieben werden kan, ohne sich um | ||||||
| 33 | die Größe der Meßschnur zu bekümmern, die erfoderlich seyn würde, | ||||||
| 34 | um diese Figur nach allen ihren Theilen für eines jeden Auge merklich | ||||||
| 35 | zu machen. - Nach dieser falschen Vorstellungsart kan man den | ||||||
| 36 | Mann beurtheilen. | ||||||
| 37 | Er ist stark in falschen Citaten, wie S. 19-20 vornemlich S. 301. | ||||||
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