Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 047 |
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| 01 | Aber S. 290, imgleichen 298 und weiter hin, übertrift er sich selbst; | ||||||
| 02 | denn da wird er ein wirklicher Falsarius. Er citirt Crit. d. r. V. | ||||||
| 03 | S. 44 der älteren Ausgabe wo ich gesagt habe: Die Leibnitz | ||||||
| 04 | Wolfische Philosophie hat daher allen Untersuchungen über | ||||||
| 05 | die Natur etc. und führt sie so an: Hr. K: hat der Leibnitzischen etc. | ||||||
| 06 | bis betrachte etc. Wie es nun gewissen Leuten zu gehen pflegt, da | ||||||
| 07 | sie zuletzt das selbst glauben, was sie mehrmals gelogen haben, so | ||||||
| 08 | geräth er nach und nach über diesen vorgeblich gegen Leibnitzen gebrauchten | ||||||
| 09 | unbescheidenen Ausdruck so in Eifer, daß er das Wort verfälscht, | ||||||
| 10 | welches blos in seinem Gehirn existirte, auf einer Seite (298) | ||||||
| 11 | dem Verfasser der Critik dreymal vorrückt - Wie nennt man den, | ||||||
| 12 | der ein zu einem Rechtsstreit gehoriges Document vorsätzlich verfälscht? | ||||||
| 13 | Ich begnüge mich mit diesen wenigen Bemerkungen, wovon ich | ||||||
| 14 | bitte nach ihrem Gutbefinden aber wo möglich auf eine nachdrückliche | ||||||
| 15 | Art, Gebrauch zu machen. Denn Bescheidenheit ist von diesem Manne, | ||||||
| 16 | dem Grosthun zur Maxime geworden ist, sich Ansehen zu erschleichen, | ||||||
| 17 | nicht zu erwarten. Ich würde mich namentlich in einen Streit mit | ||||||
| 18 | ihm einlassen, aber da mir dieses alle Zeit, die ich darauf anzuwenden | ||||||
| 19 | denke, um meinen Plan zu Ende zu bringen, rauben würde, zudem | ||||||
| 20 | das Alter mit seinen Schwächen schon merklich eintritt, so muß ich | ||||||
| 21 | meinen Freunden diese Bemühung überlassen und empfehlen, im Fall | ||||||
| 22 | daß sie die Sache selbst der Vertheidigung werth halten. Im Grunde | ||||||
| 23 | kan mir die allgemeine Bewegung, welche die Critik nicht allein erregt | ||||||
| 24 | hat, sondern noch erhält, sammt allen Allianzen, die wieder sie gestiftet | ||||||
| 25 | werden (wiewohl die Gegner derselben zugleich unter sich uneinig | ||||||
| 26 | sind und bleiben werden), nicht anders als lieb seyn; denn das erhält | ||||||
| 27 | die Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand. Auch geben die unaufhörliche | ||||||
| 28 | Misverständnisse oder Misdeutungen Anlas, den Ausdruck hin | ||||||
| 29 | und wieder bestimmter zu machen, der zu einem Misverstande Anlas | ||||||
| 30 | geben könnte: und so fürchte ich am Ende nichts von allen diesen Angriffen, | ||||||
| 31 | ob man gleich sich dabey ganz ruhig verhielte. Allein einen | ||||||
| 32 | Mann, der aus Falschheit zusammengesetzt ist und mit allen den Kunststücken | ||||||
| 33 | z. B. dem der Berufung auf misgedeutete Stellen berühmter | ||||||
| 34 | Männer, wodurch beqveme Leser eingenommen werden können, um ihm | ||||||
| 35 | blindes Zutrauen zu widmen, bekannt und darinn durch Naturel und | ||||||
| 36 | lange Gewonheit gewandt ist, gleich zu Anfang seines Versuchs in | ||||||
| 37 | seiner Blöße darzustellen ist Wohlthat fürs gemeine Wesen. Feder ist | ||||||
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