Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 045 |
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| 01 | darstellt, so würde er so lauten: Wenn kein zureichender Grund wäre, | ||||||
| 02 | warum ein Wind sich gerade nach Osten bewegte, so würde er eben | ||||||
| 03 | so gut (statt dessen; denn das muß Eberhard hier sagen wollen | ||||||
| 04 | sonst ist die Conseqvenz des hypothetischen Satzes falsch) sich nach | ||||||
| 05 | Westen bewegen können: Nun ist kein zureichender Grund etc. Also | ||||||
| 06 | wird er sich eben so gut nach Osten und Westen zugleich bewegen | ||||||
| 07 | können, welches sich wiederspricht. Dieser Syllogism geht also auf | ||||||
| 08 | vier Füßen. | ||||||
| 09 | Der Satz des zureichenden Grundes, so weit ihn Hr. Eberh. bewiesen | ||||||
| 10 | hat, ist also immer nur ein logischer Grundsatz und analytisch. | ||||||
| 11 | Aus diesem Gesichtspunct betrachtet wird es nicht zwey, sondern drey | ||||||
| 12 | logische Principien der Erkentnis geben: 1) den Satz des Wiederspruchs, | ||||||
| 13 | von categorischen 2) den Satz des (logischen) Grundes | ||||||
| 14 | von hypothetischen 3) den Satz der Eintheilung (der Ausschließung | ||||||
| 15 | des Mittleren zwischen zwey einander contradictorisch entgegengesetzten) | ||||||
| 16 | als den Grundsatz disjunctiver Urtheile. Nach dem ersten Grundsatze | ||||||
| 17 | müssen alle Urtheile erstlich, als problematisch (als bloße Urtheile) | ||||||
| 18 | ihrer Möglichkeit nach, mit dem Satze des Wiederspruchs, zweytens, | ||||||
| 19 | als assertorisch (als Sätze), ihrer logischen Wirklichkeit d. i. Warheit | ||||||
| 20 | nach, mit dem Satze des z. Grundes, drittens, als apodictische | ||||||
| 21 | (als gewisse Erkentnis) mit dem princ: exclusi medii inter duo contrad . | ||||||
| 22 | in Ubereinstimmung stehen; weil das apodictische Fürwahrhalten nur | ||||||
| 23 | durch die Verneinung des Gegentheils, also durch die Eintheilung | ||||||
| 24 | der Vorstellung eines Prädicats, in zwey contradictorisch entgegengesetzte | ||||||
| 25 | und Ausschließung des einen derselben gedacht wird. | ||||||
| 26 | S. 169 ist der Versuch, zu beweisen, daß das Einfache, als das | ||||||
| 27 | Intelligibele, dennoch anschaulich gemacht werden könne, noch erbärmlicher | ||||||
| 28 | als alles Übrige ausgefallen. Denn er redet von der concreten | ||||||
| 29 | Zeit, als etwas Zusammengesetzten, dessen einfache Elemente Vorstellungen | ||||||
| 30 | seyn sollen und bemerkt nicht, daß um die Succession jener | ||||||
| 31 | concreten Zeit sich vorzustellen, man schon die reine Anschauung der | ||||||
| 32 | Zeit, worinn jene Vorstellungen sich succediren sollen, voraussetzen | ||||||
| 33 | müsse. Da nun in dieser nichts Einfaches ist, welches der Autor unbildlich | ||||||
| 34 | (oder nicht=sinnlich) nennt, so folgt daraus ungezweifelt da | ||||||
| 35 | in der Zeitvorstellung überhaupt der Verstand über die Sphäre der | ||||||
| 36 | Sinnlichkeit sich gar nicht erhebe. Mit seinen Vorgeblichen ersten | ||||||
| 37 | Elementen des Zusammengesetzten im Raume, nämlich dem Einfachen, | ||||||
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