Kant: AA XI, Briefwechsel 1789 , Seite 044 |
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Text (Kant):
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| 01 | zuerst als ein logisches Princip behandelt (welches auch nicht anders | ||||||
| 02 | möglich ist, wenn er ihn aus dem Princ: Contrad . beweisen will) da | ||||||
| 03 | er denn so viel sagt, als: Iedes assertorische Urtheil muß gegründet | ||||||
| 04 | seyn, so nimmt er ihn im Fortgange des Beweises in der Bedeutung | ||||||
| 05 | des metaphysischen Grundsatzes: Iede Begebenheit hat ihre Ursache, | ||||||
| 06 | welches einen ganz anderen Begrif vom Grunde, nämlich den des | ||||||
| 07 | Realgrundes und der Caussalität in sich faßt, dessen Verhältnis zur | ||||||
| 08 | Folge keineswegs so, wie die des logischen Grundes, nach dem Satze | ||||||
| 09 | des Wiederspruchs vorgestellt werden kan. Wenn nun S. 164 der | ||||||
| 10 | Beweis damit anfängt: zwey Sätze, die einander wiedersprechen | ||||||
| 11 | können nicht zugleich wahr seyn und das Beyspiel S. 163: wo | ||||||
| 12 | gesagt wird, daß eine Portion Luft sich gegen Osten bewege, mit jenem | ||||||
| 13 | Vordersatze verglichen wird, so lautet die Anwendung des logischen | ||||||
| 14 | Satzes des zureichenden Grundes auf dieses Beyspiel so: Der Satz: | ||||||
| 15 | Die Luft bewegt sich nach Osten muß einen Grund haben; denn ohne | ||||||
| 16 | einen Grund zu haben d. i. noch eine andere Vorstellung als den Begrif | ||||||
| 17 | von Luft und den von einer Bewegung nach Osten, ist jener in | ||||||
| 18 | Ansehung dieses Prädikats ganz unbestimmt. Nun ist aber der angeführte | ||||||
| 19 | Satz ein Erfahrungssatz folglich nicht blos problematisch gedacht, | ||||||
| 20 | sondern als assertorisch, gegründet und zwar in der Erfahrung | ||||||
| 21 | als einer Erkentnis durch verknüpfte Warnehmungen. Dieser | ||||||
| 22 | Grund ist aber mit dem, was in demselben Satze gesagt wird, identisch, | ||||||
| 23 | (nämlich ich spreche von dem was gegenwärtig ist nach Warnehmungen, | ||||||
| 24 | nicht von dem, was blos möglich ist, nach Begriffen), folglich ein | ||||||
| 25 | analytischer Grund des Urtheils, nach dem Satze des Wiederspruchs, | ||||||
| 26 | hat als mit dem Realgrunde, der das synthetische Verhältnis zwischen | ||||||
| 27 | Ursache und Wirkung an den Obiecten selbst betrift, gar nichts gemein. | ||||||
| 28 | Nun fängt also Eberhard von dem analytischen Princip des zureichenden | ||||||
| 29 | Grundes (als logischem Grundsatze) an und springt zum metaphysischen, | ||||||
| 30 | als solchen aber jederzeit synthetischen Princip der Caussalität, | ||||||
| 31 | von welchem in der Logik nie die Rede seyn kan, über, als ob | ||||||
| 32 | er denselben bewiesen habe. Ec hat also das, was er beweisen wollte, | ||||||
| 33 | gar nicht, sondern etwas, worüber nie gestritten worden ist, bewiesen | ||||||
| 34 | und eine grobe fallaciam ignorationis Elenchi begangen. Aber ausser | ||||||
| 35 | dieser vorsetzlichen Hinhaltung des Lesers ist der Paralogism S. 163 | ||||||
| 36 | "Wenn z. B." bis S. 164 "unmöglich ist" zu arg, als daß er nicht | ||||||
| 37 | angeführt zu werden verdiente. Wenn man ihn in syllogistischer Form | ||||||
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