Kant: AA VIII, Recensionen von J. G. Herders ... , Seite 050

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 ist ein Compendium der Welt: Kalk, Erde, Salze, Säuren, Öl und Wasser,      
  02 Kräfte der Vegetation, der Reize, der Empfindung sind in ihm organisch      
  03 vereinigt. - Hiedurch werden wir darauf gestoßen, auch ein unsichtbares      
  04 Reich der Kräfte anzunehmen, das in eben demselben genauen      
  05 Zusammenhange und Übergange steht, und eine aufsteigende Reihe von unsichtbaren      
  06 Kräften, wie im sichtbaren Reiche der Schöpfung. - Dieses      
  07 thut alles für die Unsterblichkeit der Seele und nicht diese allein, sondern      
  08 für die Fortdauer aller wirkenden und lebendigen Kräfte der Weltschöpfung.      
  09 Kraft kann nicht untergehen, das Werkzeug kann wohl zerrüttet      
  10 werden. Was der Allbelebende ins Leben rief, das lebet; was wirkt,      
  11 wirkt in seinem ewigen Zusammenhange ewig." Diese Principien werden      
  12 nicht auseinander gesetzt, "weil hie dazu der Ort nicht ist." Indessen "sehen      
  13 wir in der Materie so viel geistähnliche Kräfte, daß ein völliger Gegensatz      
  14 und Widerspruch dieser beiden allerdings sehr verschiedenen Wesen,      
  15 des Geistes und der Materie, wo nicht selbst widersprechend, doch wenigstens      
  16 ganz unerwiesen scheint." - "Präformirte Keime hat kein Auge gesehen.      
  17 Wenn man von einer Epigenesis redet, so spricht man uneigentlich,      
  18 als ob die Glieder von außen zuwüchsen. Bildung ( genesis ) ists,      
  19 eine Wirkung innerer Kräfte, denen die Natur eine Masse vorbereitet      
  20 hatte, die sie sich zubilden, in der sie sich sichtbar machen sollten. Nicht      
  21 unsere vernünftige Seele ists, die den Leib bildete, sondern der Finger der      
  22 Gottheit, organische Kraft." Nun heißt es: "1. Kraft und Organ sind      
  23 zwar innigst verbunden, nicht aber eins und eben dasselbe. 2. Jede Kraft      
  24 wirkt ihrem Organ harmonisch, denn sie hat sich dasselbe zur Offenbarung      
  25 ihres Wesens nur zugebildet und sich assimilirt. 3. Wenn die Hülle      
  26 wegfällt, so bleibt die Kraft, die voraus, obwohl in einem niedrigen Zustande      
  27 und ebenfalls organisch, dennoch vor dieser Hülle schon existirte."      
  28 Darauf sagt der Verfasser zu den Materialisten: "Lasset es sein, daß unsere      
  29 Seele mit allen Kräften der Materie, des Reizes, der Bewegung, des      
  30 Lebens ursprünglich einerlei sei und nur auf einer höhern Stufe, in einer      
  31 ausgebildetern feinern Organisation wirke; hat man denn je auch nur eine      
  32 Kraft der Bewegung und des Reizes untergehen sehen, und sind diese      
  33 niedern Kräfte mit ihren Organen eins und dasselbe?" Von dem Zusammenhange      
  34 desselben heißt es, daß er nur Fortschreitung sein könne.      
  35 Das Menschengeschlecht kann man als den großen Zusammenfluß niederer      
  36 organischen Kräfte ansehen, die in ihm zur Bildung der Humanität keimen      
  37 sollten."      
           
           
     

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