Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 380 |
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01 | urtheilen: so würde ich fragen, ob nicht die Träume (ohne die niemals | ||||||
02 | der Schlaf ist, ob man sich gleich nur selten derselben erinnert) eine zweckmäßige | ||||||
03 | Anordnung der Natur sein mögen, indem sie nämlich bei dem | ||||||
04 | Abspannen aller körperlichen bewegenden Kräfte dazu dienen, vermittelst | ||||||
05 | der Einbildungskraft und der großen Geschäftigkeit derselben (die in | ||||||
06 | diesem Zustande mehrentheils bis zum Affecte steigt) die Lebensorganen | ||||||
07 | innigst zu bewegen; so wie sie auch bei überfülltem Magen, wo diese Bewegung | ||||||
08 | um desto nöthiger ist, im Nachtschlafe gemeiniglich mit desto | ||||||
09 | mehr Lebhaftigkeit spielt; daß folglich ohne diese innerlich bewegende | ||||||
10 | Kraft und ermüdende Unruhe, worüber wir die Träume anklagen (die | ||||||
11 | doch in der That vielleicht Heilmittel sind), der Schlaf selbst im gesunden | ||||||
12 | Zustande wohl gar ein völliges Erlöschen des Lebens sein würde. | ||||||
13 | Auch Schönheit der Natur, d. i. ihre Zusammenstimmung mit dem | ||||||
14 | freien Spiele unserer Erkenntnißvermögen in der Auffassung und Beurtheilung | ||||||
15 | ihrer Erscheinung, kann auf die Art als objective Zweckmäßigkeit | ||||||
16 | der Natur in ihrem Ganzen, als System, worin der Mensch ein Glied | ||||||
17 | ist, betrachtet werden: wenn einmal die teleologische Beurtheilung derselben | ||||||
18 | durch die Naturzwecke, welche uns die organisirten Wesen an die | ||||||
19 | Hand geben, zu der Idee eines großen Systems der Zwecke der Natur | ||||||
20 | uns berechtigt hat. Wir können es als eine Gunst*), die die Natur für | ||||||
21 | uns gehabt hat, betrachten, daß sie über das Nützliche noch Schönheit und | ||||||
22 | Reize so reichlich austheilte, und sie deshalb lieben, so wie ihrer Unermeßlichkeit | ||||||
23 | wegen mit Achtung betrachten und uns selbst in dieser Betrachtung | ||||||
24 | veredelt fühlen: gerade als ob die Natur ganz eigentlich in | ||||||
25 | dieser Absicht ihre herrliche Bühne aufgeschlagen und ausgeschmückt habe. | ||||||
26 | Wir wollen in diesem § nichts anders sagen, als daß, wenn wir einmal | ||||||
27 | an der Natur ein Vermögen entdeckt haben, Producte hervorzubringen, | ||||||
28 | die nur nach dem Begriffe der Endursachen von uns gedacht werden können, | ||||||
29 | wir weiter gehen und auch die, welche (oder ihr, obgleich zweckmäßiges, | ||||||
*)In dem ästhetischen Theile wurde gesagt: wir sähen die schöne Natur mit Gunst an, indem wir an ihrer Form ein ganz freies (uninteressirtes) Wohlgefallen haben. Denn in diesem bloßen Geschmacksurtheile wird gar nicht darauf Rücksicht genommen, zu welchem Zwecke diese Naturschönheiten existiren: ob um uns eine Lust zu erwecken, oder ohne alle Beziehung auf uns als Zwecke. In einem teleologischen Urtheile aber geben wir auch auf diese Beziehung Acht; und da können wir es als Gunst der Natur ansehen, daß sie uns durch Aufstellung so vieler schönen Gestalten zur Cultur hat beförderlich sein wollen. | |||||||
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