Kant: AA IV, Metaphysische Anfangsgründe ... , Seite 482

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 und absoluter Raum vorgestellt, mit dem ich jeden empirischen vergleichen      
  02 und diesen in ihm als beweglich vorstellen kann, der also jederzeit als unbeweglich      
  03 gilt. Ihn zum wirklichen Dinge zu machen, heißt die logische Allgemeinheit      
  04 irgend eines Raums, mit dem ich jeden empirischen als darin eingeschlossen      
  05 vergleichen kann, in eine physische Allgemeinheit des wirklichen      
  06 Umfanges verwechseln und die Vernunft in ihrer Idee mißverstehen.      
           
  07 Schließlich merke ich noch an: daß, da die Beweglichkeit eines Gegenstandes      
  08 im Raum a priori und ohne Belehrung durch Erfahrung nicht erkannt      
  09 werden kann, sie von mir eben darum in der Kritik der r. V. auch nicht unter die      
  10 reine Verstandesbegriffe gezählt werden konnte, und daß dieser Begriff als empirisch      
  11 nur in einer Naturwissenschaft als angewandter Metaphysik, welche sich mit      
  12 einem durch Erfahrung gegebenen Begriffe, obwohl nach Principien a priori, beschäftigt,      
  13 Platz finden könne.      
           
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Erklärung 2.
     
           
  15 Bewegung eines Dinges ist die Veränderung der äußeren      
  16 Verhältnisse desselben zu einem gegebenen Raum.      
           
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Anmerkung 1.
     
           
  18 Vorher habe ich dem Begriffe der Materie schon den Begriff der Bewegung      
  19 zum Grunde gelegt. Denn da ich denselben selbst unabhängig vom Begriffe der      
  20 Ausdehnung bestimmen wollte und die Materie also auch in einem Punkte betrachten      
  21 konnte, so durfte ich einräumen, daß man sich daselbst der gemeinen Erklärung      
  22 der Bewegung als Veränderung des Orts bediente. Jetzt, da der      
  23 Begriff einer Materie allgemein, mithin auch auf bewegte Körper passend erklärt      
  24 werden soll, so reicht jene Definition nicht zu. Denn der Ort eines jeden Körpers      
  25 ist ein Punkt. Wenn man die Weite des Mondes von der Erde bestimmen will,      
  26 so will man die Entfernung ihrer Örter wissen, und zu diesem Ende mißt man      
  27 nicht von einem beliebigen Punkte der Oberfläche oder des inwendigen der Erde      
  28 zu jedem beliebigen Punkte des Mondes, sondern nimmt die kürzeste Linie vom      
  29 Mittelpunkte der einen zum Mittelpunkte des andern, mithin ist von jedem dieser      
  30 Körper nur ein Punkt, der seinen Ort ausmacht. Nun kann sich ein Körper bewegen,      
  31 ohne seinen Ort zu verändern, wie die Erde, indem sie sich um ihre Axe      
  32 dreht. Aber ihr Verhältniß zum äußeren Raume verändert sich hiebei doch; denn      
  33 sie kehrt z. B. in 24 Stunden dem Monde ihre verschiedene Seiten zu, woraus      
  34 denn auch allerlei wandelbare Wirkungen auf der Erde erfolgen. Nur von einem      
  35 beweglichen, d. i. physischen, Punkte kann man sagen: Bewegung sei jederzeit      
  36 Veränderung des Orts. Man könnte wider diese Erklärung erinnern: daß die innere      
           
     

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