Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 227 |
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01 | (die gar kein Ding an sich selbst, sondern nur eine Art Vorstellungen in | ||||||
02 | uns ist) von gleicher Art sei, oder nicht; denn das versteht sich schon von | ||||||
03 | selbst, daß ein Ding an sich selbst von anderer Natur sei, als die Bestimmungen, | ||||||
04 | die blos seinen Zustand ausmachen. | ||||||
05 | Vergleichen wir aber das denkende Ich nicht mit der Materie, sondern | ||||||
06 | mit dem Intelligibelen, welches der äußeren Erscheinung, die wir Materie | ||||||
07 | nennen, zum Grunde liegt: so können wir, weil wir vom letzteren gar nichts | ||||||
08 | wissen, auch nicht sagen, daß die Seele sich von diesem irgend worin innerlich | ||||||
09 | unterscheide. | ||||||
10 | So ist demnach das einfache Bewußtsein keine Kenntniß der einfachen | ||||||
11 | Natur unseres Subjects, in so fern als dieses dadurch von der Materie als | ||||||
12 | einem zusammengesetzten Wesen unterschieden werden soll. | ||||||
13 | Wenn dieser Begriff aber dazu nicht taugt, in dem einzigen Falle, | ||||||
14 | da er brauchbar ist, nämlich in der Vergleichung meiner selbst mit Gegenständen | ||||||
15 | äußerer Erfahrung, das Eigenthümliche und Unterscheidende | ||||||
16 | seiner Natur zu bestimmen, so mag man immer zu wissen vorgeben: das | ||||||
17 | denkende Ich, die Seele (ein Name für den transscendentalen Gegenstand | ||||||
18 | des inneren Sinnes), sei einfach; dieser Ausdruck hat deshalb doch gar | ||||||
19 | keinen auf wirkliche Gegenstände sich erstreckenden Gebrauch und kann daher | ||||||
20 | unsere Erkenntniß nicht im mindesten erweitern. | ||||||
21 | So fällt demnach die ganze rationale Psychologie mit ihrer Hauptstütze, | ||||||
22 | und wir können so wenig hier wie sonst jemals hoffen, durch bloße | ||||||
23 | Begriffe (noch weniger aber durch die bloße subjective Form aller unserer | ||||||
24 | Begriffe, das Bewußtsein) ohne Beziehung auf mögliche Erfahrung Einsichten | ||||||
25 | auszubreiten, zumal da selbst der Fundamentalbegriff einer einfachen | ||||||
26 | Natur von der Art ist, daß er überall in keiner Erfahrung angetroffen | ||||||
27 | werden kann, und es mithin gar keinen Weg giebt, zu demselben | ||||||
28 | als einem objectiv gültigen Begriffe zu gelangen. | ||||||
29 | Dritter Paralogism, der Personalität. |
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30 | Was sich der numerischen Identität seiner selbst in verschiedenen | ||||||
31 | Zeiten bewußt ist, ist so fern eine Person: | ||||||
32 | Nun ist die Seele etc. | ||||||
33 | Also ist sie eine Person. | ||||||
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