Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 151 |
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Text (Kant):
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| 01 | in der Welt einem Gesetze unterwirft, d. i. einer Regel des nothwendigen | ||||||
| 02 | Daseins, ohne welche gar nicht einmal Natur statt finden würde. | ||||||
| 03 | Daher ist der Satz: nichts geschieht durch ein blindes Ungefähr ( in mundo | ||||||
| 04 | non datur casus ), ein Naturgesetz a priori, imgleichen: keine Nothwendigkeit | ||||||
| 05 | in der Natur ist blinde, sondern bedingte, mithin verständliche | ||||||
| 06 | Nothwendigkeit ( non datur fatum ). Beide sind solche Gesetze, durch welche | ||||||
| 07 | das Spiel der Veränderungen einer Natur der Dinge (als Erscheinungen) | ||||||
| 08 | unterworfen wird oder, welches einerlei ist, der Einheit des Verstandes, | ||||||
| 09 | in welchem sie allein zu einer Erfahrung als der synthetischen Einheit | ||||||
| 10 | der Erscheinungen gehören können. Diese beide Grundsätze gehören | ||||||
| 11 | zu den dynamischen. Der erstere ist eigentlich eine Folge des Grundsatzes | ||||||
| 12 | von der Causalität (unter den Analogien der Erfahrung). Der zweite gehört | ||||||
| 13 | zu den Grundsätzen der Modalität, welche zu der Causalbestimmung | ||||||
| 14 | noch den Begriff der Nothwendigkeit, die aber unter einer Regel des Verstandes | ||||||
| 15 | steht, hinzu thut. Das Princip der Continuität verbot in der Reihe | ||||||
| 16 | der Erscheinungen (Veränderungen) allen Absprung ( in mundo non datur | ||||||
| 17 | saltus ), aber auch in dem Inbegriff aller empirischen Anschauungen im | ||||||
| 18 | Raume alle Lücke oder Kluft zwischen zwei Erscheinungen ( non datur hiatus ); | ||||||
| 19 | denn so kann man den Satz ausdrücken: daß in die Erfahrung nichts | ||||||
| 20 | hinein kommen kann, was ein vacuum bewiese, oder auch nur als einen | ||||||
| 21 | Theil der empirischen Synthesis zuließe. Denn was das Leere betrifft, | ||||||
| 22 | welches man sich außerhalb dem Felde möglicher Erfahrung (der Welt) | ||||||
| 23 | denken mag, so gehört dieses nicht vor die Gerichtsbarkeit des bloßen Verstandes, | ||||||
| 24 | welcher nur über die Fragen entscheidet, die die Nutzung gegebener | ||||||
| 25 | Erscheinungen zur empirischen Erkenntniß betreffen, und ist eine Aufgabe | ||||||
| 26 | für die idealische Vernunft, die noch über die Sphäre einer möglichen Erfahrung | ||||||
| 27 | hinausgeht und von dem urtheilen will, was diese selbst umgiebt | ||||||
| 28 | und begränzt, muß daher in der transscendentalen Dialektik erwogen werden. | ||||||
| 29 | Diese vier Sätze ( in mundo non datur hiatus, non datur saltus, | ||||||
| 30 | non datur casus, non datur fatum ) könnten wir leicht, so wie alle Grundsätze | ||||||
| 31 | transscendentalen Ursprungs nach ihrer Ordnung gemäß der Ordnung | ||||||
| 32 | der Kategorien vorstellig machen und jedem seine Stelle beweisen; | ||||||
| 33 | allein der schon geübte Leser wird dieses von selbst thun, oder den Leitfaden | ||||||
| 34 | dazu leicht entdecken. Sie vereinigen sich aber alle lediglich dahin, | ||||||
| 35 | um in der empirischen Synthesis nichts zuzulassen, was dem Verstande | ||||||
| 36 | und dem continuirlichen Zusammenhange aller Erscheinungen , d. i. der | ||||||
| 37 | Einheit seiner Begriffe, Abbruch oder Eintrag thun könnte. Denn er ist | ||||||
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