Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 108

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 man ein Prädicat eines Dinges zuvörderst von dem Begriff desselben absondert      
  02 und nachher sein Gegentheil mit diesem Prädicate verknüpft,      
  03 welches niemals einen Widerspruch mit dem Subjecte, sondern nur mit      
  04 dessen Prädicate, welches mit jenem synthetisch verbunden worden, abgiebt      
  05 und zwar nur dann, wenn das erste und zweite Prädicat zu gleicher Zeit      
  06 gesetzt werden. Sage ich: ein Mensch, der ungelehrt ist, ist nicht gelehrt,      
  07 so muß die Bedingung zugleich dabei stehen; denn der, so zu einer Zeit      
  08 ungelehrt ist, kann zu einer andern gar wohl gelehrt sein. Sage ich aber:      
  09 kein ungelehrter Mensch ist gelehrt, so ist der Satz analytisch, weil das      
  10 Merkmal (der Ungelahrtheit) nunmehr den Begriff des Subjects mit ausmacht,      
  11 und alsdann erhellt der verneinende Satz unmittelbar aus dem      
  12 Satze des Widerspruchs, ohne daß die Bedingung: zugleich hinzu kommen      
  13 darf. Dieses ist denn auch die Ursache, weswegen ich oben die Formel      
  14 desselben so verändert habe, daß die Natur eines analytischen Satzes dadurch      
  15 deutlich ausgedrückt wird.      
           
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Des
     
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Systems der Grundsätze des reinen Verstandes
     
           
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Zweiter Abschnitt.
     
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Von dem obersten Grundsatze aller synthetischen Urtheile.
     
           
  20 Die Erklärung der Möglichkeit synthetischer Urtheile ist eine Aufgabe,      
  21 mit der die allgemeine Logik gar nichts zu schaffen hat, die auch sogar      
  22 ihren Namen nicht einmal kennen darf. Sie ist aber in einer transscendentalen      
  23 Logik das wichtigste Geschäfte unter allen und sogar das einzige,      
  24 wenn von der Möglichkeit synthetischer Urtheile a priori die Rede ist, imgleichen      
  25 den Bedingungen und dem Umfange ihrer Gültigkeit. Denn nach      
  26 Vollendung desselben kann sie ihrem Zwecke, nämlich den Umfang und      
  27 die Grenzen des reinen Verstandes zu bestimmen, vollkommen ein Gnüge      
  28 thun.      
           
  29 Im analytischen Urtheile bleibe ich bei dem gegebenen Begriffe, um      
  30 etwas von ihm auszumachen. Soll es bejahend sein, so lege ich diesem      
  31 Begriffe nur dasjenige bei, was in ihm schon gedacht war; soll es verneinend      
  32 sein, so schließe ich nur das Gegentheil desselben von ihm aus.      
  33 In synthetischen Urtheilen aber soll ich aus dem gegebenen Begriff hinausgehen,      
  34 um etwas ganz anderes, als in ihm gedacht war, mit demselben      
           
     

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