Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 080 |
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Text (Kant):
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| 01 | sind Begriffe und mit ihnen Erkenntniß von Gegenständen ganz unmöglich. | ||||||
| 03 | Und hier ist es denn nothwendig, sich darüber verständlich zu machen, | ||||||
| 04 | was man denn unter dem Ausdruck eines Gegenstandes der Vorstellungen | ||||||
| 05 | meine. Wir haben oben gesagt, daß Erscheinungen selbst nichts als sinnliche | ||||||
| 06 | Vorstellungen sind, die an sich in eben derselben Art nicht als Gegenstände | ||||||
| 07 | (außer der Vorstellungskraft) müssen angesehen werden. Was versteht | ||||||
| 08 | man denn, wenn man von einem der Erkenntniß correspondirenden, | ||||||
| 09 | mithin auch davon unterschiedenen Gegenstande redet? Es ist leicht einzusehen, | ||||||
| 10 | daß dieser Gegenstand nur als etwas überhaupt = X müsse gedacht | ||||||
| 11 | werden, weil wir außer unserer Erkenntniß doch nichts haben, | ||||||
| 12 | welches wir dieser Erkenntniß als correspondirend gegenübersetzen könnten. | ||||||
| 13 | Wir finden aber, daß unser Gedanke von der Beziehung aller Erkenntniß | ||||||
| 14 | auf ihren Gegenstand etwas von Nothwendigkeit bei sich führe, | ||||||
| 15 | daßnämlich dieser als dasjenige angesehen wird, was dawider ist, da | ||||||
| 16 | unsere Erkenntnisse nicht aufs Gerathewohl oder beliebig, sondern a priori | ||||||
| 17 | auf gewisse Weise bestimmt sind: weil, indem sie sich auf einen Gegenstand | ||||||
| 18 | beziehen sollen, sie auch nothwendiger Weise in Beziehung auf diesen | ||||||
| 19 | unter einander übereinstimmen, d. i. diejenige Einheit haben müssen, | ||||||
| 20 | welche den Begriff von einem Gegenstande ausmacht. | ||||||
| 21 | Es ist aber klar, daß, da wir es nur mit dem Mannigfaltigen unserer | ||||||
| 22 | Vorstellungen zu thun haben, und jenes X, was ihnen correspondirt (der | ||||||
| 23 | Gegenstand), weil er etwas von allen unsern Vorstellungen Unterschiedenes | ||||||
| 24 | sein soll, für uns nichts ist, die Einheit, welche der Gegenstand nothwendig | ||||||
| 25 | macht, nichts anders sein könne, als die formale Einheit des Bewußtseins | ||||||
| 26 | in der Synthesis des Mannigfaltigen der Vorstellungen. Alsdann | ||||||
| 27 | sagen wir: wir erkennen den Gegenstand, wenn wir in dem Mannigfaltigen | ||||||
| 28 | der Anschauung synthetische Einheit bewirkt haben. Diese ist | ||||||
| 29 | aber unmöglich, wenn die Anschauung nicht durch eine solche Function | ||||||
| 30 | der Synthesis nach einer Regel hat hervorgebracht werden können, welche | ||||||
| 31 | die Reproduction des Mannigfaltigen a priori nothwendig und einen Begriff, | ||||||
| 32 | in welchem dieses sich vereinigt, möglich macht. So denken wir uns | ||||||
| 33 | einen Triangel als Gegenstand, indem wir uns der Zusammensetzung | ||||||
| 34 | von drei geraden Linien nach einer Regel bewußt sind, nach welcher eine | ||||||
| 35 | solche Anschauung jederzeit dargestellt werden kann. Diese Einheit der | ||||||
| 36 | Regel bestimmt nun alles Mannigfaltige und schränkt es auf Bedingungen | ||||||
| 37 | ein, welche die Einheit der Apperception möglich machen; und | ||||||
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