Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 077

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
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1.
     
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Von der Synthesis der Apprehension in der Anschauung.
     
           
  03 Unsere Vorstellungen mögen entspringen, woher sie wollen, ob sie      
  04 durch den Einfluß äußerer Dinge oder durch innere Ursachen gewirkt      
  05 sind, sie mögen a priori oder empirisch als Erscheinungen entstanden sein:      
  06 so gehören sie doch als Modificationen des Gemüths zum innern Sinn,      
  07 und als solche sind alle unsere Erkenntnisse zuletzt doch der formalen Bedingung      
  08 des innern Sinnes, nämlich der Zeit, unterworfen, als in welcher      
  09 sie insgesammt geordnet, verknüpft und in Verhältnisse gebracht werden      
  10 müssen. Dieses ist eine allgemeine Anmerkung, die man bei dem folgenden      
  11 durchaus zum Grunde legen muß.      
           
  12 Jede Anschauung enthält ein Mannigfaltiges in sich, welches doch      
  13 nicht als ein solches vorgestellt werden würde, wenn das Gemüth nicht      
  14 die Zeit in der Folge der Eindrücke auf einander unterschiede: denn als      
  15 in einem Augenblick enthalten kann jede Vorstellung niemals etwas      
  16 anderes als absolute Einheit sein. Damit nun aus diesem Mannigfaltigen      
  17 Einheit der Anschauung werde (wie etwa in der Vorstellung des      
  18 Raumes), so ist erstlich das Durchlaufen der Mannigfaltigkeit und dann      
  19 die Zusammennehmung desselben nothwendig, welche Handlung ich die      
  20 Synthesis der Apprehension nenne, weil sie gerade zu auf die Anschauung      
  21 gerichtet ist, die zwar ein Mannigfaltiges darbietet, dieses aber      
  22 als ein solches und zwar in einer Vorstellung enthalten niemals ohne      
  23 eine dabei vorkommende Synthesis bewirken kann.      
           
  24 Diese Synthesis der Apprehension muß nun auch a priori, d. i. in      
  25 Ansehung der Vorstellungen, die nicht empirisch sind, ausgeübt werden.      
  26 Denn ohne sie würden wir weder die Vorstellungen des Raumes, noch der      
  27 Zeit a priori haben können: da diese nur durch die Synthesis des Mannigfaltigen,      
  28 welches die Sinnlichkeit in ihrer ursprünglichen Receptivität darbietet,      
  29 erzeugt werden können. Also haben wir eine reine Synthesis der      
  30 Apprehension.      
           
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2.
     
  32
Von der Synthesis der Reproduction in der Einbildung.
     
           
  33 Es ist zwar ein blos empirisches Gesetz, nach welchem Vorstellungen,      
  34 die sich oft gefolgt oder begleitet haben, sich mit einander endlich vergesellschaften      
  35 und dadurch in eine Verknüpfung setzen, nach welcher auch ohne      
           
     

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