Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 067

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 (Prädicamente) nannte. In der Folge glaubte er noch ihrer fünfe aufgefunden      
  02 zu haben, die er unter dem Namen der Postprädicamente hinzufügte.      
  03 Allein seine Tafel blieb noch immer mangelhaft. Außerdem finden      
  04 sich auch einige modi der reinen Sinnlichkeit darunter ( quando, ubi, situs,      
  05 imgleichen prius, simul ), auch ein empirischer ( motus ), die in dieses      
  06 Stammregister des Verstandes gar nicht gehören; oder es sind auch die      
  07 abgeleitete Begriffe mit unter die Urbegriffe gezählt ( actio, passio ), und      
  08 an einigen der letztern fehlt es gänzlich.      
           
  09 Um der letztern willen ist also noch zu bemerken: daß die Kategorien,      
  10 als die wahren Stammbegriffe des reinen Verstandes, auch ihre eben      
  11 so reine abgeleitete Begriffe haben, die in einem vollständigen System      
  12 der Transscendental=Philosophie keineswegs übergangen werden können,      
  13 mit deren bloßer Erwähnung aber ich in einem blos kritischen Versuch      
  14 zufrieden sein kann.      
           
  15 Es sei mir erlaubt, diese reine, aber abgeleitete Verstandesbegriffe      
  16 die Prädicabilien des reinen Verstandes (im Gegensatz der Prädicamente)      
  17 zu nennen. Wenn man die ursprüngliche und primitive Begriffe      
  18 hat, so lassen sich die abgeleitete und subalterne leicht hinzufügen und der      
  19 Stammbaum des reinen Verstandes völlig ausmalen. Da es mir hier      
  20 nicht um die Vollständigkeit des Systems, sondern nur der Principien zu      
  21 einem System zu thun ist, so verspare ich diese Ergänzung auf eine andere      
  22 Beschäftigung. Man kann aber diese Absicht ziemlich erreichen, wenn man      
  23 die ontologische Lehrbücher zur Hand nimmt und z. B. der Kategorie der      
  24 Causalität die Prädicabilien der Kraft, der Handlung, des Leidens, der      
  25 der Gemeinschaft die der Gegenwart, des Widerstandes, den Prädicamenten      
  26 der Modalität die des Entstehens, Vergehens, der Veränderung u. s. w.      
  27 unterordnet. Die Kategorien mit den modis der reinen Sinnlichkeit oder      
  28 auch unter einander verbunden, geben eine große Menge abgeleiteter Begriffe      
  29 a priori, die zu bemerken und wo möglich bis zur Vollständigkeit zu      
  30 verzeichnen, eine nützliche und nicht unangenehme, hier aber entbehrliche      
  31 Bemühung sein würde.      
           
  32 Der Definitionen dieser Kategorien überhebe ich mich in dieser Abhandlung      
  33 geflissentlich, ob ich gleich im Besitz derselben sein möchte. Ich      
  34 werde diese Begriffe in der Folge bis auf den Grad zergliedern, welcher      
  35 in Beziehung auf die Methodenlehre, die ich bearbeite, hinreichend ist.      
  36 In einem System der reinen Vernunft würde man sie mit Recht von mir      
  37 fordern können: aber hier würden sie nur den Hauptpunkt der Untersuchung      
           
     

[ Seite 066 ] [ Seite 068 ] [ Inhaltsverzeichnis ]