Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 061 |
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| 01 | (obzwar freilich nicht in der blos auf den Gebrauch der Urtheile untereinander | ||||||
| 02 | eingeschränkten Logik) eine besondere Stelle. | ||||||
| 03 | 2. Eben so müssen in einer transscendentalen Logik unendliche | ||||||
| 04 | Urtheile von bejahenden noch unterschieden werden, wenn sie gleich | ||||||
| 05 | in der allgemeinen Logik jenen mit Recht beigezählt sind und kein besonderes | ||||||
| 06 | Glied der Eintheilung ausmachen. Diese nämlich abstrahirt von | ||||||
| 07 | allem Inhalt des Prädicats (ob es gleich verneinend ist) und sieht nur | ||||||
| 08 | darauf, ob dasselbe dem Subject beigelegt, oder ihm entgegen gesetzt werde. | ||||||
| 09 | Jene aber betrachtet das Urtheil auch nach dem Werthe oder Inhalt dieser | ||||||
| 10 | logischen Bejahung vermittelst eines blos verneinenden Prädicats, und | ||||||
| 11 | was diese in Ansehung des gesammten Erkenntnisses für einen Gewinn | ||||||
| 12 | verschafft. Hätte ich von der Seele gesagt: sie ist nichtsterblich, so hätte | ||||||
| 13 | ich durch ein verneinendes Urtheil wenigstens einen Irrthum abgehalten. | ||||||
| 14 | Nun habe ich durch den Satz: die Seele ist nichtsterblich, zwar der | ||||||
| 15 | logischen Form nach wirklich bejaht, indem ich die Seele in den unbeschränkten | ||||||
| 16 | Umfang der nichtsterbenden Wesen setze. Weil nun von dem | ||||||
| 17 | ganzen Umfange möglicher Wesen das Sterbliche einen Theil enthält, das | ||||||
| 18 | Nichtsterbliche aber den andern, so ist durch meinen Satz nichts anders | ||||||
| 19 | gesagt, als daß die Seele eines von der unendlichen Menge Dinge sei, | ||||||
| 20 | die übrig bleiben, wenn ich das Sterbliche insgesammt wegnehme. Dadurch | ||||||
| 21 | aber wird nur die unendliche Sphäre alles Möglichen in so weit | ||||||
| 22 | beschränkt, daß das Sterbliche davon abgetrennt und in dem übrigen | ||||||
| 23 | Raum ihres Umfangs die Seele gesetzt wird. Dieser Raum bleibt aber | ||||||
| 24 | bei dieser Ausnahme noch immer unendlich, und können noch mehrere | ||||||
| 25 | Theile desselben weggenommen werden, ohne daß darum der Begriff von | ||||||
| 26 | der Seele im mindesten wächst und bejahend bestimmt wird. Diese unendliche | ||||||
| 27 | Urtheile also in Ansehung des logischen Umfanges sind wirklich | ||||||
| 28 | blos beschränkend in Ansehung des Inhalts der Erkenntniß überhaupt; | ||||||
| 29 | und in so fern müssen sie in der transscendentalen Tafel aller Momente | ||||||
| 30 | des Denkens in den Urtheilen nicht übergangen werden, weil die hierbei | ||||||
| 31 | ausgeübte Function des Verstandes vielleicht in dem Felde seiner reinen | ||||||
| 32 | Erkenntniß a priori wichtig sein kann. | ||||||
| 33 | 3. Alle Verhältnisse des Denkens in Urtheilen sind die a) des Prädicats | ||||||
| 34 | zum Subject, b) des Grundes zur Folge, c) der eingetheilten Erkenntniß | ||||||
| 35 | und der gesammleten Glieder der Eintheilung unter einander. | ||||||
| 36 | In der ersteren Art der Urtheile sind nur zwei Begriffe, in der zweiten | ||||||
| 37 | zwei Urtheile, in der dritten mehrere Urtheile im Verhältniß gegen einander | ||||||
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