Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 474 |
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01 | was dem Gegenstande desselben zukommt, a priori oder a posteriori zu erkennen. | ||||||
02 | Das erstere ist die rationale und mathematische Erkenntniß durch | ||||||
03 | die Construction des Begriffs, das zweite die bloße empirische (mechanische) | ||||||
04 | Erkenntniß, die niemals nothwendige und apodiktische Sätze geben | ||||||
05 | kann. So könnte ich meinen empirischen Begriff vom Golde zergliedern, | ||||||
06 | ohne dadurch etwas weiter zu gewinnen, als alles, was ich bei diesem | ||||||
07 | Worte wirklich denke, herzählen zu können, wodurch in meinem Erkenntniß | ||||||
08 | zwar eine logische Verbesserung vorgeht, aber keine Vermehrung oder | ||||||
09 | Zusatz erworben wird. Ich nehme aber die Materie, welche unter diesem | ||||||
10 | Namen vorkommt, und stelle mit ihr Wahrnehmungen an, welche mir verschiedene | ||||||
11 | synthetische, aber empirische Sätze an die Hand geben werden. | ||||||
12 | Den mathematischen Begriff eines Triangels würde ich construiren, d. i. | ||||||
13 | a priori in der Anschauung geben, und auf diesem Wege eine synthetische, | ||||||
14 | aber rationale Erkenntniß bekommen. Aber wenn mir der transscendentale | ||||||
15 | Begriff einer Realität, Substanz, Kraft etc. gegeben ist, so bezeichnet | ||||||
16 | er weder eine empirische, noch reine Anschauung, sondern lediglich die | ||||||
17 | Synthesis der empirischen Anschauungen (die also a priori nicht gegeben | ||||||
18 | werden können); und es kann also aus ihm, weil die Synthesis nicht | ||||||
19 | a priori zu der Anschauung, die ihm correspondirt, hinausgehen kann, auch | ||||||
20 | kein bestimmender synthetischer Satz, sondern nur ein Grundsatz der Synthesis*) | ||||||
21 | möglicher empirischer Anschauungen entspringen. Also ist ein | ||||||
22 | transscendentaler Satz ein synthetisches Vernunfterkenntniß nach bloßen | ||||||
23 | Begriffen und mithin discursiv, indem dadurch alle synthetische Einheit | ||||||
24 | der empirischen Erkenntniß allererst möglich, keine Anschauung aber dadurch | ||||||
25 | a priori gegeben wird. | ||||||
26 | So giebt es denn einen doppelten Vernunftgebrauch, der unerachtet | ||||||
27 | der Allgemeinheit der Erkenntniß und ihrer Erzeugung a priori, welche | ||||||
28 | sie gemein haben, dennoch im Fortgange sehr verschieden ist, und zwar | ||||||
29 | darum, weil in der Erscheinung, als wodurch uns alle Gegenstände gegeben | ||||||
*) Vermittelst des Begriffs der Ursache gehe ich wirklich aus dem empirischen Begriffe von einer Begebenheit (da etwas geschieht) heraus, aber nicht zu der Anschauung, die den Begriff der Ursache in concreto darstellt, sondern zu den Zeitbedingungen überhaupt, die in der Erfahrung dem Begriffe der Ursache gemäß gefunden werden möchten. Ich verfahre also bloß nach Begriffen und kann nicht durch Construction der Begriffe verfahren, weil der Begriff eine Regel der Synthesis der Wahrnehmungen ist, die keine reine Anschauungen sind und sich also a priori nicht geben lassen. | |||||||
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