Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 473

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 oder nichts als die Synthesis möglicher Anschauungen, die a priori nicht      
  02 gegeben sind, und alsdann kann man wohl durch ihn synthetisch und      
  03 a priori urtheilen, aber nur discursiv, nach Begriffen, und niemals intuitiv,      
  04 durch die Construction des Begriffes.      
           
  05 Nun ist von aller Anschauung keine a priori gegeben, als die bloße      
  06 Form der Erscheinungen, Raum und Zeit; und ein Begriff von diesen      
  07 als quantis läßt sich entweder zugleich mit der Qualität derselben (ihre      
  08 Gestalt), oder auch bloß ihre Quantität (die bloße Synthesis des gleichartig      
  09 Mannigfaltigen) durch Zahl a priori in der Anschauung darstellen,      
  10 d. i. construiren. Die Materie aber der Erscheinungen, wodurch uns      
  11 Dinge im Raume und der Zeit gegeben werden, kann nur in der Wahrnehmung,      
  12 mithin a posteriori vorgestellt werden. Der einzige Begriff,      
  13 der a priori diesen empirischen Gehalt der Erscheinungen vorstellt, ist der      
  14 Begriff des Dinges überhaupt, und die synthetische Erkenntniß von      
  15 demselben a priori kann nichts weiter, als die bloße Regel der Synthesis      
  16 desjenigen, was die Wahrnehmung a posteriori geben mag, niemals aber      
  17 die Anschauung des realen Gegenstandes a priori liefern, weil diese nothwendig      
  18 empirisch sein muß.      
           
  19 Synthetische Sätze, die auf Dinge überhaupt, deren Anschauung      
  20 sich a priori gar nicht geben läßt, gehen, sind transscendental. Demnach      
  21 lassen sich transscendentale Sätze niemals durch Construction der Begriffe,      
  22 sondern nur nach Begriffen a priori geben. Sie enthalten bloß die Regel,      
  23 nach der eine gewisse synthetische Einheit desjenigen, was nicht a priori      
  24 anschaulich vorgestellt werden kann (der Wahrnehmungen), empirisch gesucht      
  25 werden soll. Sie können aber keinen einzigen ihrer Begriffe a priori      
  26 in irgend einem Falle darstellen, sondern thun dieses nur a posteriori,      
  27 vermittelst der Erfahrung, die nach jenen synthetischen Grundsätzen allererst      
  28 möglich wird.      
           
  29 Wenn man von einem Begriffe synthetisch urtheilen soll, so muß man      
  30 aus diesem Begriffe hinausgehen und zwar zur Anschauung, in welcher      
  31 er gegeben ist. Denn bliebe man bei dem stehen, was im Begriffe enthalten      
  32 ist, so wäre das Urtheil bloß analytisch und eine Erklärung des      
  33 Gedanken nach demjenigen, was wirklich in ihm enthalten ist. Ich kann      
  34 aber von dem Begriffe zu der ihm correspondirenden reinen oder empirischen      
  35 Anschauung gehen, um ihn in derselben in concreto zu erwägen und,      
           
     

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