Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 455

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 uns die Ordnung der Natur und die Reihe der Veränderungen nach ihren      
  02 inneren und allgemeinen Gesetzen an die Hand giebt. Dieser Fehler kann      
  03 vermieden werden, wenn wir nicht bloß einige Naturstücke, als z. B. die      
  04 Vertheilung des festen Landes, das Bauwerk desselben und die Beschaffenheit      
  05 und Lage der Gebirge, oder wohl gar nur die Organisation im Gewächs      
  06 und Thierreiche aus dem Gesichtspunkte der Zwecke betrachten,      
  07 sondern diese systematische Einheit der Natur in Beziehung auf die Idee      
  08 einer höchsten Intelligenz ganz allgemein machen. Denn alsdann legen      
  09 wir eine Zweckmäßigkeit nach allgemeinen Gesetzen der Natur zum Grunde,      
  10 von denen keine besondere Einrichtung ausgenommen, sondern nur mehr      
  11 oder weniger kenntlich für uns ausgezeichnet worden, und haben ein regulatives      
  12 Princip der systematischen Einheit einer teleologischen Verknüpfung,      
  13 die wir aber nicht zum voraus bestimmen, sondern nur in Erwartung      
  14 derselben die physischmechanische Verknüpfung nach allgemeinen      
  15 Gesetzen verfolgen dürfen. Denn so allein kann das Princip der zweckmäßigen      
  16 Einheit den Vernunftgebrauch in Ansehung der Erfahrung jederzeit      
  17 erweitern, ohne ihm in irgend einem Falle Abbruch zu thun.      
           
  18 Der zweite Fehler, der aus der Mißdeutung des gedachten Princips      
  19 der systematischen Einheit entspringt, ist der der verkehrten Vernunft      
  20 ( perversa ratio , υστερον προτερον rationis ). Die Idee der systematischen      
  21 Einheit sollte nur dazu dienen, um als regulatives Princip sie in der Verbindung      
  22 der Dinge nach allgemeinen Naturgesetzen zu suchen und, so weit      
  23 sich etwas davon auf dem empirischen Wege antreffen läßt, um so viel auch      
  24 zu glauben, daß man sich der Vollständigkeit ihres Gebrauchs genähert      
  25 habe, ob man sie freilich niemals erreichen wird. Anstatt dessen kehrt man      
  26 die Sache um und fängt davon an, daß man die Wirklichkeit eines Princips      
  27 der zweckmäßigen Einheit als hypostatisch zum Grunde legt, den      
  28 Begriff einer solchen höchsten Intelligenz, weil er an sich gänzlich unerforschlich      
  29 ist, anthropomorphistisch bestimmt und dann der Natur Zwecke      
  30 gewaltsam und dictatorisch aufdringt, anstatt sie wie billig auf dem Wege      
  31 der physischen Nachforschung zu suchen: so daß nicht allein Teleologie, die      
  32 bloß dazu dienen sollte, um die Natureinheit nach allgemeinen Gesetzen zu      
  33 ergänzen, nun vielmehr dahin wirkt, sie aufzuheben, sondern die Vernunft      
  34 sich noch dazu selbst um ihren Zweck bringt, nämlich das Dasein einer solchen      
  35 intelligenten obersten Ursache nach diesem aus der Natur zu beweisen.      
  36 Denn wenn man nicht die höchste Zweckmäßigkeit in der Natur a priori,      
  37 d. i. als zum Wesen derselben gehörig, voraussetzen kann, wie will man      
           
     

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