Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 437

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 möglich, deren Unterschied von der ersten und zweiten kleiner ist, als dieser      
  02 ihr Unterschied von einander.      
           
  03 Das erste Gesetz also verhütet die Ausschweifung in die Mannigfaltigkeit      
  04 verschiedener ursprünglichen Gattungen und empfiehlt die Gleichartigkeit;      
  05 das zweite schränkt dagegen diese Neigung zur Einhelligkeit      
  06 wiederum ein und gebietet Unterscheidung der Unterarten, bevor man sich      
  07 mit seinem allgemeinen Begriffe zu den Individuen wende. Das dritte      
  08 vereinigt jene beide, indem es bei der höchsten Mannigfaltigkeit dennoch      
  09 die Gleichartigkeit durch den stufenartigen Übergang von einer Species      
  10 zur anderen vorschreibt, welches eine Art von Verwandtschaft der verschiedenen      
  11 Zweige anzeigt, in so fern sie insgesammt aus einem Stamme entsprossen      
  12 sind.      
           
  13 Dieses logische Gesetz des continui specierum (formarum logicarum)      
  14 setzt aber ein transscendentales voraus ( lex continui in natura ), ohne      
  15 welches der Gebrauch des Verstandes durch jene Vorschrift nur irre geleitet      
  16 werden würde, indem er vielleicht einen der Natur gerade entgegengesetzten      
  17 Weg nehmen würde. Es muß also dieses Gesetz auf reinen      
  18 transscendentalen und nicht empirischen Gründen beruhen. Denn in dem      
  19 letzteren Falle würde es später kommen als die Systeme; es hat aber      
  20 eigentlich das Systematische der Naturerkenntniß zuerst hervorgebracht.      
  21 Es sind hinter diesen Gesetzen auch nicht etwa Absichten auf eine mit      
  22 ihnen als bloßen Versuchen anzustellende Probe verborgen, obwohl freilich      
  23 dieser Zusammenhang, wo er zutrifft, einen mächtigen Grund abgiebt,      
  24 die hypothetisch ausgedachte Einheit für gegründet zu halten, und sie also      
  25 auch in dieser Absicht ihren Nutzen haben; sondern man sieht es ihnen      
  26 deutlich an, daß sie die Sparsamkeit der Grundursachen, die Mannigfaltigkeit      
  27 der Wirkungen und eine daher rührende Verwandtschaft der      
  28 Glieder der Natur an sich selbst für vernunftmäßig und der Natur angemessen      
  29 urtheilen, und diese Grundsätze also direct und nicht bloß als      
  30 Handgriffe der Methode ihre Empfehlung bei sich führen.      
           
  31 Man sieht aber leicht, daß diese Continuität der Formen eine bloße      
  32 Idee sei, der ein congruirender Gegenstand in der Erfahrung gar nicht      
  33 aufgewiesen werden kann: nicht allein um deswillen, weil die Species      
  34 in der Natur wirklich abgetheilt sind und daher an sich ein quantum discretum      
  35 ausmachen müssen, und, wenn der stufenartige Fortgang in der      
  36 Verwandtschaft derselben continuirlich wäre, sie auch eine wahre Unendlichkeit      
  37 der Zwischenglieder, die innerhalb zweier gegebenen Arten lägen,      
           
     

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